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Chi/Prana/Orgon – Hinweis auf Reich Von Mathias Bröckers

Kaum ein wissenschaftlicher Durchbruch in diesem Jahrhundert wurde so brutal unterdrückt wie Wilhelm Reichs Entdeckung der Orgon-Energie, der moderne Nachweis der Lebenskraft, die als Chi oder Prana im Zentrum der asiatischen Medizin steht. Als Schüler Sigmund Freuds war Reich einer der Pioniere der psychoanalytischen Bewegung, deren Rahmen er jedoch schnell sprengte. Zum einen, weil er die Ursache der Neurose politisch begriff und sich für gesellschaftliche Reformen engagierte, und zum anderen, weil er Freuds Metapher der „Libido“-Energie ernst nahm und die biophysikalischen Grundlagen neurotischer Panzerungen und Verkrampfungen erforschte.

Für Reich stellte emotionale Energie ein reales, physikalisches Fließen dar, und er konstruierte feine Meßgeräte, um diesen Strömen auf die Spur zu kommen. Schon bald merkte er, daß die geringen bioelektrischen Schwankungen nicht ausreichten, die Energien, die im menschlichen Verhalten zum Ausbruch kommen, zu erklären. Bei mikroskopischen Beobachtungen von Amöben, die er, anders als die herkömmliche Mikrobiologie, nicht als sterilisiertes Präparat, sondern in lebenden Kulturen beobachtete, machte er erstmals die Entdeckung einer bläulich strahlenden Energie: totes Pflanzengewebe bildete winzige strahlende Bläschen, die nach einigen Tagen verklumpten und einen neuen Einzeller bildeten. Reich nannte diese Bläschen „Bione“, der von ihnen abstrahlenden Energie gab er später den Namen „Orgon“. Ihm gelang es, diese Energie in besonderen Akkumulatoren zu konzentrieren, sie sichtbar zu machen und zu messen. Die Französische Akademie der Wissenschaften weigerte sich 1938, seine Experimente zu wiederholen, das amerikanische Wissenschafts-Establishment ließ in den fünfziger Jahren seine Bücher über die Orgon-Forschung verbieten und Reichs Labor zerstören.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wenn Reich mit seinem Nachweis einer fundamentalen, kosmischen Lebensenergie recht hatte, war das gesamte Lehrgebäude der Physik, der Biologie und der Schulmedizin schrottreif. Diese Sprengkraft hat die Orgon- Theorie bis heute behalten. Obwohl sie tausendfach nachgewiesen und in der therapeutischen Praxis etwa der Krebsbehandlung erfolgreich eingesetzt wurde, blieb Reich jede Anerkennung versagt. So wundert es nicht, daß ein Handbuch wie das von James DeMeo („Der Orgonakkumulator – Bau, Anwendung, Experimente“) bei 2001 erscheint, anstatt in einem hochmögenden Wissenschaftsverlag. Auch wenn die dort veröffentlichte Doppel-Blind-Studie der Uni Marburg über die Wirkung des Orgons selbst Blinde überzeugen müßte, die Tauben und Lahmen des Wissenschaftsbetriebs samt eines Packs korrupter Journalisten und „Aufklärer“ werden nicht ablassen, Reich als Verrückten abzutun. Wo kämen wir auch hin mit unserem profitorientierten Krankheitsgeschäft, wenn einfache Kisten aus Holz und Blech gesund machen können? Wenn aber Wissenschaftshistoriker der Zukunft dereinst die wahren naturwissenschaftlichen Genies des 20. Jahrhunderts küren, werden Namen wie Freud oder Einstein keine große Rolle mehr spielen. Der Pionier Wilhelm Reich freilich wird ganz oben auf der Liste stehen.

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