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„Wir wählen Frau Vollmer nicht aus Liebe“

■ CDU/CSU und FDP wollen Antje Vollmer zur Vizepräsidentin küren

Berlin (taz) – Zum letzten Mal in diesem Jahrhundert steuern heute schwarze Limousinen mit Ministern und solide Mittelklassewagen mit Abgeordneten den Berliner Reichstag an. Heute konstituiert sich dort der 13. Bundestag. Anschließend wird der Bau für die Politik geschlossen. Vor dem Jahr 2000 soll in der Hauptstadt wegen der Umbauarbeiten keine Sitzung mehr stattfinden. Dafür könnte diese letzte Sitzung im Reichstag in die Parlamentsgeschichte eingehen. Nicht nur weil zum ersten Mal ein Schriftsteller Alterspräsident wird, sondern auch weil es zum ersten Mal seit 1954 zu einer Kampfabstimmung über die Besetzung des Bundestagspräsidiums kommen könnte.

Gestern tagten alle Fraktionen und klopften ihre Strategie fest. Bis zum Abend gab es noch keine interfraktionelle Einigung, wie viele Vizepräsidenten der neue, 13. Bundestag haben soll. Bisher gab es vier, zwei davon stellte die SPD, einen die FDP und einen die CSU. Aber jetzt sind Bündnis 90/Grüne mit 49 Abgeordneten die drittstärkste Fraktion und melden ihr Recht auf einen Platz an. Antje Vollmer wird kandidieren. Unterstützung signalisierte bisher nicht nur die CDU, sondern auch die CSU und die FDP.

Die SPD hingegen würde bei solch einer Abstimmung um ein repräsentatives Amt gerupft werden und hat deshalb Widerstand angemeldet. Auf ihrer gestrigen Fraktionssitzung beschloß sie, einen Geschäftsordnungsantrag einzubringen: Die Anzahl der Vizepräsidenten soll von vier auf fünf erhöht werden. Neben dem Amt des Vorsitzes – die Kandidatur von Rita Süssmuth (CDU) ist unstrittig – soll die CDU/CSU über zwei Plätze verfügen können, die SPD hingegen über drei. Einen der CDU-Sitze soll die Partei an die FDP abgeben, während die SPD diesen dritten und zusätzlichen Posten den Bündnisgrünen überlassen will. „Dies ist kein Geschenk, sondern eine Frage des politischen Anstands“, meinte gestern Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen. Von der Forderung der Grünen, in der Geschäftsordnung des Bundestags das Recht jeder Fraktion auf einen Präsidiumsplatz zu verankern, hält er nichts. „Angesichts des Bestrebens der PDS, den Fraktionsstatus zu bekommen, ist das keine gute Idee.“ Eine Erweiterung des Präsidiums, die er „kostenneutral“ gestalten will, würde, weil die SPD bei den letzten Wahlen stark zulegte, „dem Wählerwillen entsprechen“.

Den Erweiterungsvorschlag untermauerte die SPD-Fraktion gestern durch die Wahl zweier Kandidaten. Nominiert wurden der ehemaligen Fraktionschef Hans- Ulrich Klose sowie dessen Stellvertreterin Anke Fuchs.

Für die Bündnisgrünen bekräftigten gestern Joschka Fischer und Ludger Volmer den Anspruch auf einen Vize-Posten. „Wir werden mit keiner Partei Geschäfte machen“, meinte Volmer, „wir erkennen die Prämisse nicht an, daß die großen Parteien Kontingente haben, die sie anschließend gnädig verteilen.“ Weil der Vorschlag der SPD heute mit Sicherheit keine Mehrheit finden wird, läuft alles auf eine Kampfabstimmung im zweiten Wahlgang zwischen Anke Fuchs und Antje Vollmer hinaus. CSU-Chef Theo Waigel meinte gestern: „Wir wählen Frau Vollmer, nicht aus Liebe, aber aus politischer Tradition.“

Die CSU nominierte gestern für den Vize-Posten Hans Klein und die FDP Burkhard Hirsch. Anita Kugler

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