Operation Erntedank

■ Trotz Bihać-Krise: Feiertagsruhe im Weltsicherheitsrat

New York (dpa) – Der Weltsicherheitsrat hat sich trotz Bihać- Krise das lange amerikanische Feiertagswochenende um „Thanksgiving“ (Erntedankfest) nicht nehmen lassen. Da im Rat weder Beratungen noch Initiativen anstanden, hatte sich das wichtigste UN-Gremium damit begnügt, seine „Empörung“ über die serbischen Attacken auf Bihać zu äußern. Die Lage ist auch so, daß sinnvolle Beschlüsse kaum möglich sind. Das, was bei der Nato in Brüssel als „Szenario“ erörtert wird, könnte im Sicherheitsrat nie verabschiedet werden. 250.000 Nato-Soldaten wären natürlich auch erst nach dem glanzlosen Ende der UN- Operation einsetzbar, falls es jemals wirklich dazu kommen sollte.

Im New Yorker Hauptquartier schütteln die Experten für Friedenssicherung fassungslos die Köpfe, wenn die Nato keine Einigung über eine Strategie findet und dann die Vereinten Nationen aufgerufen werden, eine vorzulegen. Denn in New York sitzen die Vertreter derselben westlichen Staaten auf den wichtigsten Stühlen: Im Sicherheitsrat haben die USA noch weniger Chancen als in Brüssel, ihren Vorschlag für eine Ausweitung der „Sicherheitszone“ um Bihać durchzubringen.

Vor allem die Franzosen wollen diesmal verhindern, daß eine Resolution mit reinen Leerformeln verabschiedet wird und fordern Beschlüsse darüber, mit welchen Truppen das durchgesetzt werden soll. Die Amerikaner wollen Nato- Luftangriffe und glauben nicht an das Argument der Briten und Franzosen, daß deren Blauhelme auf dem Boden dann Opfer serbischer Vergeltungsschläge werden müßten. Andererseits weigern sich die USA weiter konsequent, eigene Bodentruppen ins ehemalige Jugoslawien zu entsenden.

Im Sicherheitsrat müßten zusätzlich die Widerstände Rußlands und Chinas überwunden werden. Der Moskauer Außenminister Andrei Kosyrew hält die serbische Attacke auf Bihać für eine Reaktion auf die Offensive der Moslem- Truppen aus der UN-geschützten Sicherheitszone, mit der die Regierung in Sarajevo habe rechnen müssen: „Sie (die Moslems) hatten die klare Absicht, die Nato und andere dritte Kräfte in den Kampf auf ihrer Seite zu ziehen, das Waffenembargo gegen sie aufheben zu lassen und natürlich Luftangriffe (der Nato) auszulösen.“

Nur einer sehr vieldeutigen, sehr abgeschwächten Resolution – das zeichnet sich bei dieser Ausgangslage ab – würden Rußland, China und mehrere andere Mitglieder des Sicherheitsrats zustimmen. Die Verhandlungen darüber aber erfordern Zeit. Helmut Räther/dpa