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Gipfel-Spannung liegt in der Luft

■ Beim EU-Gipfel in Essen will ein breites Bündnis gegen die herrschende EU-Politik demonstrieren und diskutieren

Essen (taz) – Reformer und Linksradikale, eurokritische Abgeordnete und außerparlamentarische Anti-EU-Aktivisten – es ist schon eine bunte Mischung, die sich da zum „Gegengipfel“ in Essen ankündigt. Sie alle wollen eigene oppositionelle Akzente setzen, wenn sich in der kommenden Woche die Regierungschefs der Europäischen Union (EU) in Essen versammeln. Während diese linke Vielfalt ganz nach dem Geschmack des „Bündnisses gegen den EU-Gipfel“ ausfällt, fürchtet die Polizei um die Sicherheit der Gäste. Uwe Klein, Sprecher der Essener Polizei, verbreitet seit Tagen, „daß Autonome den Gipfel massiv stören wollen. Unsere Befürchtungen gehen über Schlägereien und dergleichen weit hinaus – von massiven Sachbeschädigungen bis zu Sabotage. Auch Terroranschläge sind nicht auszuschließen.“

Für Thomas Binger, der zu den Sprechern des Bündnisses gehört, erfüllen diese Polizeiverlautbarungen den Tatbestand der „Diffamierung“. Der ganze „Gegengipfel“, der am kommenden Freitag mit Straßenaktionen und einer Podiumsdiskussion seinen Anfang nehmen soll – am Samstag folgt dann eine Demonstration und am Sonntag der Kongreß –, sei „stark inhaltlich ausgerichtet“. Wesenliches Ziel sei es, „eine eurokritische Diskussion innerhalb der Linken zu initieren“. Auch die Demonstration werde „ruhig über die Bühne gehen“, wenn sich die Polizei, die mit 7.000 Beamten vor Ort ist, „defensiv“ verhalte. Die gesamte Demonstrationsleitung sei sich einig, „daß aus der Demo heraus keinerlei Angriffe auf Personen oder Objekte erfolgen“. Mit der Polizei hat man sich inzwischen zwar auf eine Demonstrationsroute verständigt, doch die schriftliche Genehmigung steht noch aus.

Angriff auf die Schreibtischtäter

Während die Veranstalter eine rein „politische Demonstration“ wollen, verweist Polizeisprecher Klein auf „Bekennungen, in denen zu gewaltsamen Störungen aufgerufen wird“. Sehr ernst nehmen Polizei und Verfassungsschutz dabei offenbar ein Fax, das mit „Autonome Gruppen“ unterzeichnet ist. Darin werden die „vielfältigen Möglichkeiten“ gepriesen, beim Gipfel „die Schreibtischtäter und ihre Limousinen anzugreifen“. Binger bezweifelt die Authentizität dieses Papiers. Dahinter könne sich auch eine gezielte Provokation verbergen, um die Kritik an der herrschenden EU-Politik zu kriminalisieren.

Über den Aufruf zum „Gegengipfel“ kam es im Vorfeld zu heftigen Auseinandersetzungen. Weil vielen Linksradikalen der mehrheitlich verabschiedete Text zu reformistisch erschien, brachten sie eine eigene Fassung heraus, in der die EU als „nicht reformierbar“ bezeichnet wird. Streit stiftete aber auch die „reformistische“ Variante. Zumindest bei den Europa- Grünen. Während der grüne Bundesparteitag dem Aufruf per Beschluß beitrat, geht die grüne Europafraktion auf Distanz. „Auf keinen Fall“, so Daniel Cohn-Bendit (MdEP), „werden wir diesen Text, der im krassen Widerspruch zu unseren europapolitischen Erklärungen steht, unterschreiben“. Aus der EU werde darin „ein imperialistisches Machwerk gemacht, was sie nicht ist“. Cohn-Bendits Fraktionskollegin Claudia Roth wird dessen ungeachtet zusammen mit Gregor Gysi, Jutta Ditfurth und Winfrid Wolf die Auftaktveranstaltung bestreiten. Walter Jakobs

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