piwik no script img

Mit Gentherapie gegen den Krebs

■ Berliner Ethikkommission bewilligt vier neue gentherapeutische Experimente

Berlin (taz) – Mit über 180 Forschungsanlagen ist Berlin nicht nur der größte Standort in Sachen Gentechnologie. In der Hauptstadt wird jetzt auch das erste bundesdeutsche Behandlungs- und Forschungszentrum für Gentherapie eröffnet. Die neue Einrichtung soll am Universitätsklinikum Rudolf-Virchow (UKRV) eingerichtet werden. Unter der Leitung von Burghardt Wittig, Professor für Molekularbiologie an der FU Berlin, werden dort insgesamt 20 Wissenschaftler an der Entwicklung der neuen Therapieform arbeiten. Für vier verschiedene gentherapeutische Projekte, bei denen jeweils mindestens 30 Patienten behandelt werden sollen, hat das Zentrum bereits grünes Licht von der Ethikkommission am UKRV bekommen. In die Auswahl für die Experimente kommen nur Patienten, deren Krebserkrankung sehr weit fortgeschritten ist und die keiner anderen Therapie mehr zugänglich sind. Es wird auch nicht erwartet, daß den Schwerkranken mit den Experimenten geholfen werden kann, es geht lediglich um die Prüfung der neuen Behandlungsmethoden und ob eventuell Nebenwirkungen auftreten.

„Wir werden dort Haut-, Nieren-, Dickdarm-, Bauchspeicheldrüsenkrebs und Leukämien gentherapeutisch behandeln“, gab der Projektleiter Wittig gegenüber der Berliner Morgenpost bekannt. Der Molekularbiologe hatte bereits im Frühjahr vergangenen Jahres für Schlagzeilen gesorgt. In Zusammenarbeit mit dem Mediziner Ingo Schmidt-Wolf hatte er am UKRV das erste bundesdeutsche Gentherapie-Experiment durchgeführt. Einem 53jährigen, schwerkranken Nierenkrebs-Patienten wurden Abwehrzellen des Immunsystems zurückgegeben, in die zuvor ein Gen für den Botenstoff Interleukin-7 eingeführt worden war. Damit sollte das Wachstum der Tumorzellen gestoppt werden. Die Krebserkrankung konnten sie jedoch nicht aufhalten, der Patient verstarb nach wenigen Wochen.

Das neue Zentrum, das mit jährlich 3 Millionen Mark von gemeinnützigen Stiftungen finanziert werden soll, wird eng mit dem Max- Delbrück-Centrum (MDC) in Berlin-Buch zusammenarbeiten, in dem schon seit längerem ebenfalls gentherapeutische Versuche vorbereitet werden. So hat vor wenigen Tagen erst die Deutsche Krebshilfe dem MDC einen Betrag von 1,5 Millionen Mark für mehrere klinische Studien zugesichert. Wolfgang Löhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen