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„Rote Khmer entführen Zivilisten“

■ Überläufer berichtet von KZs in Nordwest-Kambodscha

Angkor Chum (AP) – Die Roten Khmer, während deren Schreckensherrschaft in den 70er Jahren Hunderttausende Menschen ums Leben kamen, sollen in einem Teil Kambodschas wieder ein Schreckensregime errichtet haben. Ein Überläufer berichtete am Sonntag, die Kampforganisation habe seit Oktober in Nordwestkambodscha Tausende Menschen verschleppt und in Konzentrationslager in Anlong Veng nahe der thailändischen Grenze gebracht. „Siebzig Prozent der Entführten wurden in Anlong Veng getötet oder verhungerten“, sagte der 35jährige Yout Ran, der bei den Roten Khmer Kompaniechef war. Ran ist einer von rund 1.500 Guerillas, die seit November desertiert sein sollen. Der Rest der Roten Khmer wird auf 8.000 bis 10.000 Mann geschätzt. Andere Überläufer bestätigten Rans Angaben.

Der stellvertretende Informationsminister Khieu Kanharith teilte mit, nach Meldungen örtlicher Behörden seien während der vergangenen drei Monate in der Provinz Siem Reap 10.000 Personen verschleppt und in den Guerillastützpunkt gebracht worden. Der stellvertretende Stabschef des Verteidigungsministeriums in Phnom Penh, Nhek Bin Chhay, gab Kopien eines Dokuments heraus, bei dem es sich nach seinen Angaben um eine von Regierungstruppen erbeutete Anweisung der Roten Khmer handelte. „Es ist eine Direktive, in Kambodscha ein neues Massaker einzuleiten“, sagte er. In dem Befehl heißt es, Angehörige der Zivilverwaltung seien in Konzentrationslager hinter den Fronten zu verbringen. Je zehn Internierten sei pro Tag eine Ration von zehn Unzen Reis (224 Gramm) und zwei Töpfen Wasser zum Verteilen unter sich zu geben. Nach sieben Tagen, wenn die Gefangenen hungrig und durstig seien, sollte man sie entscheiden lassen, ob sie weiter in Diensten der Regierung verbleiben wollten. In diesem Fall sollten sie getötet werden.

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