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PDS: Im Westen eine 0,9-Prozent-Partei

■ Parteitag beschränkt Einfluß der westdeutschen Landesverbände

Die Westausdehnung der PDS ist bislang gescheitert, darüber herrscht unter den demokratischen Sozialisten Einigkeit. Darüber können auch die Erfolgsmeldungen der Westkoordinatorin Claudia Gohde nicht hinwegtäuschen. Verdreifacht hätte die PDS die Zahl der Wählerstimmen im Westen, verdreifacht habe sich auch die Zahl der Mitglieder. Aber auch Gregor Gysi weiß, „Statistik ist eben Statistik“, mit weniger als 2.000 Mitgliedern und 0,9 Prozent bei den Bundestagswahlen tendiert die politische Akzeptanz des Gysi-Fanclubs samt Sektentruppe gegen Null.

Eine Grundsatzdebatte über „neue Möglichkeiten und Anforderungen der PDS in den westlichen Bundesländern“ hatte der Parteitag auf die Tagesordnung gesetzt, doch die Debatte ging am Thema vorbei. Während sich der Saal immer mehr leerte, plauderten die Redner munter über die praktischen Schwierigkeiten der bayrischen PDS, wenn das nächste PDS-Mitglied 80 Kilometer entfernt wohnt, oder über das Problem einer Basisgruppe in Bremen, am Streit Brücke oder Tunnel das Wesen sozialistischer Politik zu verdeutlichen.

Der aus Hamburg stammende Parteivize Wolfgang Gehrke griff sich entsetzt in die Haare. Keines der Probleme der westdeutschen Landesverbände, die in den vergangenen Jahren zu zahlreichen heftigen Debatten, wütenden Briefwechseln und Eingriffen des Bundesvorstandes geführt hatte. Kein Wort zum Versuch des Bundes Westdeutscher Kommunisten (BWK), innerhalb der PDS statutenwidrig eine Partei in der Partei aufzubauen, kein Wort zur Selbstblockade in den westdeutschen Landesverbänden, kein Wort zu den Majorisierungsversuchen der DKP und auch kaum ein Wort zu den ideologischen Debatten ergrauter K-Grüppler, die viele Sympathisanten das Weite haben suchen lassen.

Höflich formulierte Claudia Gohde, die Autonomie der westdeutschen Landesverbände könne doch nicht so weit gehen, daß 130 Mitglieder etwas entscheiden, was Konsequenzen für eine Partei mit 130.000 Mitgliedern habe, und so stimmte der Parteitag schließlich der Neuorganisation der Arbeit in den westdeutschen Landesverbänden zu. Thematische Arbeitsgruppen sollen eingerichtet werden, um eine von den Landesverbänden unabhängige Struktur zu schaffen. Der Bundesvorstand soll in Zukunft über inhaltliche Kampagnen entscheiden, mit denen sich die PDS im Westen profilieren soll. Ohne daß es die Betroffenen so recht merkten, hatte der Parteitag den Einfluß der westdeutschen Landesverbände entscheidend eingeschränkt.

Stimmung kam nur auf, als Gregor Gysi vorschlug, den nächsten Parteitag in Bremen abzuhalten. In dem kleinsten Bundesland will die PDS im Herbst versuchen, erstmals in das Landesparlament eines westdeutschen Bundeslandes einzuziehen. Christoph Seils

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