„Peanuts“ – das trifft's!

■ Eine Jury inklusive Pfarrer Schorlemmer kürte das „Unwort des Jahres 1994“ – zu Unrecht

Berlin (taz) – Was zum Beispiel ist ein „Wertberichtigungsbedarf“? Und was ist ein „Baulöwe“, gar ein „untergetauchter“? So ließen sich 1994 Zeitungszeilen füllen mit nichts als geblähtem Sprachmüll. Bis Hilmar Kopper kam: „Peanuts“ sei die zweistellige Millionensumme, die der bankrotte Immobilienhändler Doktor Jürgen Schneider seinen Handwerkern schuldig blieb, „Kleinkram“ also für den Chef der Deutschen Bank.

Selten sprach die Wahrheit so präzise für sich. In Frankfurt aber brütet ein jährliches Femegericht aus vier Sprachwissenschaftlern und zwei „Vertretern der öffentlichen Sprachpraxis“. Sie outen, was sie für das Unwort des Jahres halten. Die beiden Laien des Jahres sind Pfarrer Friedrich Schorlemmer und die ZDF-Redakteurin Maria von Walser. Dieses Gremium hat Koppers „Peanuts“ gestern unter 1.119 Vorschlägen auf den ersten Platz der Unwortliste gesetzt.

Was ist ein Unwort? Letztes Jahr ist der Kanzler zu Recht sauer geworden, weil mit dem „kollektiven Freizeitpark“ ausgerechnet einer seiner überaus seltenen sprachlichen Einfälle auf den Index gesetzt wurde.

Warum nur sollen Kohl, Kopper und Kinkel nicht gelegentlich sagen dürfen, was sie denken? „Eine derartige abschätzige Bewertung von Geldsummen, von denen Durchschnittsbürger und -bürgerinnen nur träumen können, ist in Finanzkreisen leider gar nicht so selten“, schreibt die Jury über Koppers Beitrag zur Aufklärung und gibt damit zu, daß es ihr nicht um die Sprache geht, sondern um „politische Korrektheit“. Es wäre ihr sonst nicht entgangen, daß in Finanzkreisen nur in Ausnahmefällen deutliche Worte fallen, und auch nicht, daß Koppers Bewertung von Geldsummen keine Frage der Moral, sondern der Betriebswirtschaft ist. „Peanuts“, das trifft's. Niklaus Hablützel