: Der Fluch von Morioka
■ Der Italiener Alberto Tomba kann in Japan weiterhin nicht gewinnen und verliert Boden im Gesamt-Weltcup
Berlin (taz/dpa) – In Japan ist Alberto Tomba ein ebenso berühmter wie beliebter Mann, die Mitglieder zahlreicher Fanclubs liegen ihm zu Füßen. Dennoch sollte es der Italiener vielleicht tunlichst unterlassen, im fernen Osten an den Start zu gehen, denn das Skifahren dort brachte ihm bisher wenig Freude. 43 Weltcuprennen hat er in seiner zehnjährigen Karriere gewonnen, davon kein einziges in Japan. Bei der schwer verunglückten Weltmeisterschaft in Morioka vor zwei Jahren erwischte ihn eine Darmgrippe, der große Favorit ging leer aus. Und wo sonst hätte seine beeindruckende Siegesserie dieses Winters reißen sollen, wenn nicht im japanischen Furano. Zuerst verpaßte Tomba nach sieben Slalomsiegen in Folge die Chance, mit einem achten neuer Rekordhalter zu werden, und blieb gleichauf mit Ingemar Stenmark und Marc Girardelli, die 1977 beziehungsweise 1985 sieben von zehn Slaloms gewonnen hatten. Dann schied er ebenfalls beim Riesenslalom aus, eine Disziplin, in der er diese Saison schon dreimal gewonnen hatte. Der Fluch von Morioka wirkt offensichtlich auch in Furano.
„Nach zehn Rennen besiegen sie Tomba mit dem Kurs“, hatte Tomba nach dem Slalom, der vom Deutschen Sepp Hanser gesteckt worden war, gegrummelt. Als er aber auch im Riesenslalom, diesmal im zweiten Durchgang, ein Tor verpaßte, zog diese Entschuldigung nicht mehr: Den Kurs hatte Tomba-Trainer Gustav Thoeni ausgeheckt. „Ich bin zu schnell in dieses Tor gefahren“, gab der 28jährige, der im ersten Lauf auf dem dritten Rang gelegen hatte, betreten zu. „Ich wollte unbedingt gewinnen. Ich fahre immer auf Sieg, das bin ich meinen Fans schuldig.“
Vor dem Wochenende hatte das noch etwas anders geklungen. Da sagte Tomba, daß er mit einem zweiten oder dritten Rang durchaus zufrieden wäre, weil er nicht voll bei Kräften sei. Die durch die Absage der Weltmeisterschaften in der Sierra Nevada bedingte Pause sei ihm nicht bekommen, seine Kondition stimme nur „zu 70 oder 80 Prozent“. Zudem klagte er über Konzentrationsschwächen. Dann stach ihn aber doch der Hafer, was zur Folge hatte, daß er komplett leer ausging und sein Vorsprung im Gesamt-Weltcup, den er noch nie gewonnen hat, ein Stücklein schrumpfte.
Immerhin Glück für den Italiener, daß auch sein ärgster Kontrahent, der Luxemburger Marc Girardelli, im Riesenslalom disqualifiziert wurde und bei 603 Punkten hängen blieb. Dafür rückte ihm Jure Kosir näher auf die Pelle. Der Slowene wurde Vierter im Slalom, kam im Riesenslalom auf den zweiten Platz hinter dem überglücklichen Österreicher Mario Reiter („Ich bin heute auf Wolken gefahren“) und hat nun 700 Punkte. Es ist jedoch unwahrscheinlich, daß Kosir den Rückstand noch wettmachen kann und er selbst fände dies auch gar nicht gerecht: „Diese Saison gehört Tomba. Er war der Größte und verdient den Sieg.“
Nach wie vor behält „der Größte“ mit seinen 1.050 Punkten eine komfortable Führung, doch während er schon wieder pausiert, kann die Konkurrenz in Ruhe ihre Aufholjagd absolvieren. „Ich sitze zu Hause, während 600 Punkte an Abfahrer vergeben werden“, ängstigt sich Tomba. Und nicht nur das. Da er auch in diesem Jahr keine Super-G-Rennen fährt, nachdem Vater Tomba angekündigt hatte, sich in diesem Fall persönlich vor das Starthäuschen zu werfen, um seinen vorwitzigen Sprößling aufzuhalten, bleiben ihm nur noch drei Rennen zur weiteren Punktehäufung. Allrounder Girardelli hingegen geht noch elfmal an den Start.
Trotzdem sind die Chancen des Nudelliebhabers, endlich einmal den ersehnten Gesamt-Weltcup zu gewinnen, diesmal so groß wie noch nie, zumal keine Rennen in Japan mehr anstehen. Dem Land der aufgehenden Sonne kehrt die strahlende Sonne des alpinen Skizirkus so schnell wie möglich den Rücken. Um sich für das Restprogramm zu stärken, macht Alberto Tomba erst mal ein paar Tage Urlaub: in Thailand. Matti Lieske
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen