: Deutsche Fregatten für die Türkei liegen auf Eis
■ Bundesregierung will Lieferung aussetzen, weil türkische Truppen im Nordirak kämpfen / Keine Verbindung mit Einsatz deutscher Waffen gegen die PKK
Bonn (taz) – Die öffentliche Kritik an der Türkeipolitik der Bundesregierung zeigt erste Wirkung: Außenminister Klaus Kinkel (FDP) schlug gestern nach Rücksprache mit Bundeskanzler Helmut Kohl vor, die geplante Lieferung von zwei Fregatten für die Türkei auf Eis zu legen. Die von der Regierung vorgesehene Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 150 Millionen Mark sollte gestern durch einen „qualifizierten Sperrvermerk“ gestoppt werden. CDU-Generalsekretär Peter Hintze erklärte, „ein klares Wort der Kritik“ gegenüber der Türkei sei notwendig.
Den Lieferstopp begründete Kinkel allerdings nicht mit dem Einsatz deutscher Waffen gegen die Kurdische Arbeiterpartei (PKK). Kinkel erklärte, er sei „geschockt“ über die jüngsten Äußerungen des türkischen Staatspräsidenten Süleyman Demirel, wonach der Militäreinsatz im Nordirak noch ein Jahr dauern könne. Zum Vorwurf, die Türkei setze deutsche Waffen ein, erklärte Kinkel wieder, er werde reagieren, falls sich die Behauptungen als wahr erwiesen.
Die Opposition nannte den Lieferstopp unzureichend. Das SPD- Präsidium warf der Regierung vor, sie reagiere auf die militärische Eskalation des Konflikts nicht angemessen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel erklärte gestern, seine Fraktion werde auf einer vollständigen Streichung der Mittel für die Fregatten bestehen.
Die sicherheitspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag, Angelika Beer, warnte, die Lieferabsichten würden trotz der Erklärungen bald wiederaufgenommen. Die Abgeordnete äußerte die Erwartung, nach einer „Alibiüberprüfung im Verteidigungsministerium“ werde die Bundesregierung öffentlich dementieren, daß die Türkei deutsche Waffen gegen die PKK einsetze. Der Vorstandssprecher der Grünen, Jürgen Trittin, erklärte, die Ankündigung diene allein dem Zweck, die Kritik an der „Komplizenschaft mit dem türkischen Militär zum Schweigen zu bringen“. Trittin forderte Kinkel zum Rücktritt auf. Hans Monath
Krieg unter Ausschluß der Öffentlichkeit
Habur (AFP) – Die türkische Armee hat gestern ausländischen Journalisten den Zutritt zum Nordirak verboten. Die Truppen wurden verstärkt. Ein Vertreter der PKK in der Region bestritt türkische Angaben, wonach 25 Lager der Rebellen zerstört worden seien. „Die türkischen Truppen werden uns niemals vollständig umzingeln können“, sagte er. In der Region um Sacho befänden sich weiterhin fast 3.000 PKKler.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen