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Oscar für einen tumben Tor

■ Der US-Filmpreis fiel wieder auf den größten Haufen / „Forrest Gump“ erhielt gleich sechs Ehrungen / Tom Hanks' magische Beine

Berlin (taz) – Mit den Tränen kämpfen mußte ausgerechnet Tom Hanks, der Schauspieler, der nun am allerwenigsten Grund zur Trauer hat: Nur Spencer Tracy und Jason Robards haben vor ihm zweimal direkt hintereinander den Oscar für den besten Schauspieler erhalten. Für seine Rolle als tumber Tor in „Forrest Gump“ wurde er Montag nacht vor Hunderten von Regisseuren, Produzenten und Schauspielerkollegen im Shrine Auditorium von Los Angeles geehrt.

„Ich fühle mich, als stünde ich auf magischen Beinen“, sagte Hanks, in der Rolle bleibend, nachdem er im letzten Jahr für die Rolle eines Aidskranken in „Philadelphia“ ausgezeichnet worden war, und verwies netterweise auf seine Mitbewerber, sie seien „mindestens ebenso gut gewesen“ (gelinde gesagt eine Unverschämtheit, wenn von John Travoltas umwerfender Coolness in „Pulp Fiction“ die Rede ist). Übrigens hat außer Emil Jannings noch nie ein deutscher Schauspieler einen Oscar bekommen.

Der Film „Forrest Gump“ selbst hat, allen Erwartungen entsprechend, fünf Oscars weggetragen: für den besten Film des Jahres, die beste Regie (Robert Zemeckis, in Konkurrenz gegen Woody Allen, Quentin Tarantino, Robert Redford), das Drehbuch, den Schnitt und die Spezialeffekte, die vor allem auf Reanimation verstorbener Präsidenten und Entfernung überflüssiger Gliedmaßen abzielten. Auch das ist ein Novum: noch nie hat einer der zehn größten Kassenerfolge auf einen Schlag die wichtigsten Oscars gewonnen. Die Konkurrenz war hart: „Pulp Fiction“ hätte man haben können oder „The Shawshenk Redemption“, nominiert waren auch „Quiz Show“ oder „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“, aber nein.

Jessica Lange, bekannt geworden vor allem als Partnerin von Jack Nicholson in einem Remake von „Wenn der Postmann zweimal klingelt“, bekam den Oscar für die beste Hauptdarstellerin für die Rolle der manisch-depressiven Generals-Ehefrau in dem gefloppten „Blue Sky“, der hierzulande noch nicht offiziell zu sehen war. Auch sie hatte starke Konkurrenz: Jodie Foster und Susan Sarandon.

Bester ausländischer Film wurde der antistalinistische russische Beitrag „Burnt by the Sun“. Margarethe von Trotta, die in der Hoffnung auf eine Nominierung ihres Mauerfilms „Das Versprechen“ auf eine Teilnahme am Berlinale-Wettbewerb verzichtet hatte, wurde gar nicht erst aufgestellt. Der in Los Angeles lebende 37jährige Hans Zimmer bekam den Oscar für die beste Filmmusik („König der Löwen“). Von ihm stammte „Video Kills the Radio Star“.

Michelangelo Antonioni bekam den Oscar für sein Lebenswerk. Daneben ist wohl die einzig durch und durch erfreuliche Nachricht die Auszeichnung der „besten Nebendarstellerin“ für Dianne Wiest, die in Woody Allens „Bullets over Broadway“ eine aufs parfümierteste gefallene Diva spielt.

TV-Talkmaster David Letterman, der die Ehrungen vornahm, mußte unbedingt kleine Spitzen gegen Tim Robbins und seine Lebensgefährtin Susan Sarandon fahren lassen, weil die sich immer mit politischen Kommentaren zur Verleihung aus dem Fenster hängen. Diesmal sollen sie ganz stumm gewesen sein. Mariam Niroumand

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