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Nachschlag

■ Gemeinschaftsfeier mit Festprogramm: 10 Jahre Mehringhof Theater und 10 Jahre Deutschmann

Vom Hauptquartier der Alternativ-Hochburg Berlins zu einer der ersten Adressen des deutschsprachigen Kabaretts, vom linksintellektuellen Studenten, der seine Zwischenprüfung über das Faschistoide deutscher Einbauküchen ablegte, zum postrevolutionären Mittdreißiger, der den Deutschen Kleinkunstpreis erhält. Das Mehringhof Theater und Matthias Deutschmann, Hausbühne und Hauskünstler, feiern ein Doppeljubiläum: 10 Jahre Solokabarett von der feinsten deutschen Sorte. Vor 10 Jahren haben Christian Luschtinetz und Jörg Born die Kreuzberger Bühne von der legendären Kabarett-Truppe CaDeWe übernommen. Beide spielten selber Kabarett (Kennt jemand noch die „Compagnia Mastodontica“?), haben ihren Spielbetrieb jedoch zugunsten eines reinen Gastspielbetriebs aufgegeben. Als eine der wenigen Bühnen in Deutschland pflegen sie politisch-satirisches Kabarett und grenzen sich damit deutlich von den Klamauk- und Comedy-Kisten auf den meisten deutschen Kleinkunst-Bühnen ab. Im Laufe der Zeit haben sie die (meist männlichen) Gallionsfiguren des deutschen Autorenkabaretts nach Berlin geholt, wie Sigi Zimmerschied, Richard Rogler, Thomas Freitag, Hans Werner Olm, um nur einige wenige zu nennen. Wie jedes der rund 30 Projekte im Mehringhof, 1979 von einer Druckmaschinenfabrik zu einem alternativen Gewerbe- und Kommunikationszentrum umgewandelt, ist auch das Theater ein selbstverwalteter, wirtschaftlich unabhängiger Betrieb.

„Wenn die Tannen Trauer tragen“ – mit diesem kleinen Text aus dem Schwarzwald hat sich der Freiburger Kabarettist Matthias Deutschmann vor zehn Jahren beim Mehringhof Theater beworben. Über 250mal spielte er inzwischen hier und konnte seine „heimlichen Verhältnisse von Klein-Kreuzberg auf Kreuzberg übertragen“. Zur Feier des Tages geht er durch seine acht Soloprogramme, auch diesmal wieder mit Cello und sich überschlagendem Mundwerk. Er blickt zurück auf 10 Jahre Zeitgeschichte: vom Häuserkampf zur Hauptstadt, von Rot-Grün zum Mauerfall und weiter. Sein Name sei ihm Auftrag und Verhängnis zugleich, beteuert er, und wir können zusehen, wie aus Deutschmann Gesamtdeutschmann wird. Anke Nolte

Bis 16. 4. trägt Matthias Deutschmann wieder sein Programm „Wenn das der Führer wüßte“ vor, Mehringhof Theater, Gneisenaustraße 2a, Kreuzberg.

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