: Unterm Strich
Lautes Gelächter erntete die albanische Erstaufführung von Ionescos „Opfer der Pflicht“ im Theater von Tirana. Auslöser war eine Nacktszene, die erste in der albanischen Theatergeschichte. „Opfer der Pflicht“ war nach eigenen Angaben deshalb ausgewählt worden, weil in dem absurden Stück des Dramatikers „viele Ähnlichkeiten mit dem derzeitigen Leben in Albanien“ zu sehen sind. Dennoch gab es am Schluß neben frenetischem Applaus der Premierengäste noch immer Lacher, als sich der zuvor nackt aufgetretene Schauspieler verbeugte. Während des kommunistischen Regimes mußten die Bühnen streng moralische Grundsätze vertreten. Schauspielern war es nicht einmal erlaubt, sich auf der Bühne zu küssen.
Die italienische Schauspielerin Paola Borboni ist im Alter von 95 Jahren gestorben. In einem Altersheim nahe Varese erlag sie einem Schlaganfall. Die in Italien sehr beliebte Schauspielerin stand seit ihrem 16. Lebensjahr auf der Bühne und zog sich erst vor einem Jahr aus der Öffentlichkeit zurück. Der Name von Paola Borboni ist eng verbunden mit der bedeutendsten Ära des italienischen Theaters des 20. Jahrhunderts. Bedeutung erlangte sie insbesondere durch ihre Interpretationen von Rollen in den Dramen Luigi Pirandellos (1867-1936). Doch die Schauspielerin war auch berühmt für ihren exzentrischen Lebensstil: 1925 trat sie als erste auf der Bühne mit entblößtem Oberkörper auf und sorgte so für einen Theaterskandal.
Frankreichs scheidender Staatschef François Mitterrand hat einen Monat vor dem Ende seiner Amtszeit eine Art Buch mit Erinnerungen veröffentlicht, das auf Wortwechseln mit dem Friedens-Nobelpreisträger Elie Wiesel beruht. Das Buch mit dem Titel „Mémoire à deux voix“ (etwa: „Erinnerung für zwei Stimmen“) reicht von der Kindheit des 78jährigen Staatschefs über die Zeit im Vichy-Regime bis zu den 14 Jahren im Elysee-Palast. In der Einleitung schreibt der krebskranke Präsident: „Dort, wo ich jetzt angelangt bin, empfinde ich das Bedürfnis, in wenigen Worten endlich das auszudrücken, was mir wirklich wichtig ist.“ Am Freitag will Mitterrand das Buch in einer Literatursendung des französischen Fernsehens persönlich vorstellen. Der französische Staatschef gilt als Bücherliebhaber und hat auch selbst mehrere literarische Werke verfaßt. Wegen seiner schweren Krebserkrankung hat Mitterrand darauf verzichtet, seine Memoiren zu schreiben. In dem Wortwechsel mit Elie Wiesel nehmen neben politischen Themen Betrachtungen zur Literatur breiten Raum ein. Die Aufzeichnungen der Gespräche stehen seit zwei Jahren im Mittelpunkt eines Rechtsstreits. Unter dem Titel „Verbatim“ hatte der langjährige Mitterrand-Berater Jacques Attali Protokolle über Gespräche mit Mitterrand veröffentlicht, bei denen er angeblich unerlaubt die Aufzeichungen Elie Wiesels verwendet haben soll.
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