piwik no script img

Verbände gegen Scientology-Konzern

■ Aktivitäten der Psycho-Sekte alarmieren IHK und Immobilien-Makler / Schutzklausel bei Verträgen empfohlen

Die Versuche der Scientology- Sekte, Unternehmen zu unterwandern und durch Schulungsseminare unter Geschäftsleuten neue Anhänger zu gewinnen, hat die Industrie und Handelskammer (IHK) aufgeschreckt. „Wir nehmen die Gefahr sehr ernst“, so IHK-Sprecher Erich Lange gegenüber der taz. So druckt die IHK in der neuesten Ausgabe ihres Verbandsorgans eine Schutzklausel gegen Scientology-Aktivitäten ab, die auf einen Vorschlag der Sektenexpertin in der Hamburger Innen-Behörde, Ursula Caberta, zurückgeht. Darin bestätigen die Unterzeichner bei Geschäftsabschlüssen, daß weder ihr Unternehmen noch sie selbst und ihre Mitarbeiter nach den Grundsätzen des amerikanischen Scientology-Gründers Ron L. Hubbard geführt werden.

Eine Verpflichtungserklärung, die laut Caberta wirkungsvoll ist. Kein Scientologe werde die „verbindliche Verzichtserklärung in dieser Form unterschreiben“.

Der weltweite Sektenkonzern agiert vor allem durch Tarnfirmen in der Immoblienbranche. Deren Spezialität: die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. In Berlin warnten kürzlich der Neuköllner Baustadtrat Bodo Manegold (CDU) und eine Mieterinitiative vor dubiosen Praktiken von Tarnfirmen, die in mehreren Häusern die Bewohner zum Kauf der Wohnungen drängen.

Die Machenschaften der Sekte, die ihre Firmen über das World Institute of Scientology Enterprises (WISE) koordiniert, lassen mittlerweile auch die um ihren Ruf kämpfende Immobilienbranche nicht kalt. Der Landesverband des Rings Deutscher Makler (RDM) will seinen Mitgliedern auf der nächsten Hauptversammlung im Juni die Übernahme der Vertrags- Schutzklausel vorschlagen. „Ich habe das Papier schon unterschrieben“, versichert der stellvertretende Berliner RDM-Landesvorsitzende Klaus Gründer.

Aufgeschreckt durch Berichte aus Hamburg, faßte der Bundesvorstand des RDM bereits vor rund einem halben Jahr einen Scientology-Unvereinbarkeitsbeschluß. Insbesondere die Art der Mieterberatung der Scientology- Firmen, deren Ziel die vorzeitige Wohnungsaufgabe ist, sei mit den RDM-Grundsätzen nicht vereinbar. Der Geschäftsführer des RDM-Bundesverbandes in Hamburg, Gerhard Feldmann, sieht in der Erklärung ein „öffentliches Signal“.

Bereits einmal wurde der Maklerverband aktiv. Der Leiter des Hamburger WISE-Ablegers, Götz Böse, kam einem Ausschlußverfahren durch seinen Austritt zuvor. Eine Kontrolle ist kaum möglich, räumt Feldmann ein: „Wir sind weitgehend auf die Berichte der Medien angewiesen.“ Mit Unverständnis beobachtet der RDM die Zurückhaltung der Justiz. „Wenn die Sekte eine kriminelle Vereinigung ist, wie es in der Presse immer wieder behauptet wird, dann müßte doch die Staatsanwaltschaft tätig werden.“ Die Beschlagnahme der Bilanzbücher sei wirksamer als jede Unterschrift unter einer Schutzklausel. Severin Weiland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen