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Blauhelme beschuldigt

■ Verbrechen niederländischer Soldaten in Bosnien untersucht

Den Haag (taz) – Der Kommandeur der niederländischen Landstreitkräfte, Hans Couzy, hat ein Untersuchungsverfahren gegen niederländische UN-Soldaten in Bosnien wegen „unkorrekten Verhaltens“ eingeleitet. Über die Art und den Umfang der möglicherweise strafbaren Vorfälle machte das Verteidigungsministerium keine Angaben. In niederländischen Zeitungen wurde jedoch über Vergewaltigungen und unbeherrscht auftretende Soldaten berichtet, die ohne Grund ihre Gewehre gebraucht hätten. Weiter heißt es, die Blauhelme hätten Kinder mit Süßigkeiten über ein mögliches Minenfeld gelockt, um dessen Begehbarkeit zu prüfen. Die Angaben sollen von Soldaten aus Bosnien stammen, die für eine Fortbildung in die Niederlande zurückkehrten. Ihren Begleitern und Kommandanten schienen die Schilderungen so drastisch, daß sie ihre höchsten Vorgesetzten informierten. Die Untersuchung soll vom Kommandanten der niederländischen Einheiten in Bosnien durchgeführt werden.Insgesamt soll es sich um 20 Vergehen handeln. In niederländischen Militärkreisen geht man inzwischen davon aus, daß die Vorwürfe einen wahren Kern enthalten, da ähnliches auch anderen Abteilungen des Heeres gemeldet worden sei. Die Kommandanten wollen erst dann die Militärpolizei einschalten, wenn als gesichert gilt, daß das militärische Ordnungs- und Strafrecht übertreten wurde.

Kritisch eingestellte Offiziere meinen, daß längst nicht alle Geschehnisse den Kommandanten im Kriegsgebiet bekannt werden. Erfahrene Militärs vermuten, daß die vermeintlichen Zwischenfälle vor allem von vorübergehend verpflichteten, jüngeren Soldaten begangen wurden, sogenannten BBTlern. Die niederländische Streitmacht steht bei ihrer Umstrukturierung zu einer Berufsarmee unter großem Druck. Ein Ausbildungsoffizier: „Wir müssen die Männer innerhalb von zwei Monaten für den Bosnien-Einsatz schulen. Die Einstellung einiger dieser Männer hat uns sehr erschreckt.“ Harald Neckelmann

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