: „Konsens mit Grünen“
Rühe sieht deutschen Einsatz in Ex-Jugoslawien von innenpolitischer Zustimmung getragen ■ Aus Bonn Hans Monath
Verteidigungsminister Volker Rühe lobt auch schon mal die Opposition – wenn sie weitgehend seiner Meinung ist. Anläßlich des 40. Jahrestages der Bundeswehr- Gründung warb der CDU-Politiker gestern in Bonn um weitere Stimmen für einen Bundeswehr- Einsatz zur Unterstützung der Unprofor-Truppen in Ex-Jugoslawien. Zur militärischen Befehlsstruktur und völkerrechtlichen Absicherung der Operation, an der voraussichtlich Sanitätssoldaten, Transport- und Kampfflugzeuge beteiligt sein werden, nannte Rühe keine Einzelheiten. Er verwies statt dessen auf laufende Gespräche im Kabinett und zwischen den Bündnispartnern.
Laut Rühe war ein innenpolitischer Konsens über einen Auslandseinsatz der Bundeswehr noch nie so wichtig wie gegenwärtig. „Wir werden alles tun, um in Deutschland möglichst große Unterstützung zu bekommen“, kündigte er an. Es herrsche Konsens mit einem Großteil der Sozialdemokraten „und auch mit Teilen der Grünen“ darüber, daß die Bundeswehr England und Frankreich als Haupttruppensteller der Unprofor bei deren Versuch unterstützen müsse, die Mission in Bosnien zu retten. Aus Solidarität mit den Verbündeten müßten Bundeswehr-Soldaten „im Prinzip“ in Bosnien das gleiche Risiko tragen. Ein neues Mandat der Vereinten Nationen (UN) ist für die geplante Schnelleingreiftruppe nach Meinung Rühes nicht nötig, eine Bestätigung des obersten UN- Gremiums aber wünschenswert: „Der Sicherheitsrat soll das deutlich machen“, sagte der Minister vage.
Die Bereitschaft, Bundeswehr- Einheiten den UN zu unterstellen, steht laut Rühe nicht im Widerspruch zu seiner eigenen grundsätzlichen Kritik an der Kommandoführung der UN in Bosnien. Am Wochenende hatte der Minister in einem Interview gefordert, die Nato dürfe nie wieder unter Bedinungen wie in Bosnien „Subunternehmer der UNO“ werden. Nur eine andere politische Führungs- und Kommandostruktur sei im Konfliktfall handlungsfähig. Gestern erklärte Rühe, seine Kritik sei „mittel- und langfristig“ gemeint gewesen. Die Bundesregierung habe nicht das Recht, England und Frankreich gegenwärtig die Hauptlast alleine tragen zu lassen.
Rühe wollte gestern keine Auskunft darüber geben, wer letztlich den Einsatzbefehl für deutsche Tornado-Kampfflugzeuge in Bosnien geben soll. Über diese Frage würden Gespräche auf internationaler Ebene geführt, sagte er. Gestern sind 30 Luftwaffenoffiziere der Bundeswehr zu Beratung mit Nato-Stäben nach Norditalien abgeflogen. Sie sollen erkunden, von welchen norditalienischen Flugplätzen die deutschen Tornados und Transall-Maschinen starten können.
Der SPD-Abgeordnete Norbert Gansel plädierte gestern dafür, die Entscheidung über eine deutsche Beteiligung am Bosnien-Einsatz so spät wie möglich zu treffen. Bevor der Bundestag abstimme, müsse die Bundesregierung klären, welche Aufgaben und Befugnisse eine Nato-Eingreiftruppe erhalte und welche Hilfe die Bundeswehr bei einer Umgruppierung oder einem Rückzug der UN-Blauhelme leisten müsse. Gansel warnte vor einem interpretationsfähigen Vorratsbeschluß des Bundestages.
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