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Jetzt kann nur noch Gras darüber wachsen

■ Auch 62 Zeugen förderten in der Griefahn-Affäre nichts Neues zutage

Hannover (taz) – Zumindest den Fleiß kann man jenen neun Abgeordneten nicht absprechen, die seit vier Wochen für den niedersächsischen Landtag die sogenannte Griefahn-Affäre untersuchen. 62 Zeugen hat der Untersuchungsausschuß bisher vernommen, und als gestern SPD und CDU zur Sommerpause jeweils ihren Zwischenbericht präsentierten, waren sie sich in einem Punkte überraschend einig: „Von mir aus können wir jetzt aufhören und unseren Abschlußbericht schreiben“, verkündete der CDU-Obmann im Ausschuß, Harmut Möllring, und sein Kollege von der SPD, Heiner Bartling, konnte dem später nur vehement beipflichten. Allerdings mit einem feinen Unterschied in der Begründung: Für die CDU ist die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn der Begünstigung ihres Ehemannes längst überführt, obwohl von den 62 Zeugen bisher nur ein einziger, der Expo-Geschäftsführer Konrad Heede, überhaupt zu diesem Hauptvorwurf befragt wurde.

Die SPD ist natürlich weiterhin von der Unschuld Monika Griefahns überzeugt, und Heiner Bartling konnte gestern daran erinnern, daß seine Partei diesen Ausschuß schließlich nicht beantragt habe: „Dies ist nun schon der dritte Untersuchungsausschuß in Folge, bei dem die Niedersachsen-CDU eigentlich gar nichts aufklären, sondern nur ein Thema am Kochen halten will.“

Neue Erkenntnisse haben die bisherigen Zeugenvernehmungen in der Tat nicht zutage gefördert. Schon von Anfang an stand fest, daß die niedersächsische Umweltministerin in einem Papier für den Expo-Aufsichtsrat auf ein Expo- Konzept ihres Ehemannes hingewiesen hatte. Schon immer gab es auch sehr wohl Hinweise darauf, daß ihr Ehemann Michael Braungart auch die geschäftlichen Interessen seines EPEA-Umweltinstituts verfolgte, als er in den Jahren 1991 bis 1994 immer wieder Expo- Papiere verfaßte und dem Land, der Stadt Hannover oder auch dem Club of Rome zukommen ließ.

Ein dritter Punkt stand allerdings auch immer fest: Aufträge vom Land oder später von der im letzten Sommer gegründeten Expo-Gesellschaft waren für Braungart nie auch nur im Bereich des Möglichen. Schon vor der Gründung der Expo GmbH sei er von Gerhard Schröder eindeutig darauf hingewiesen worden, daß eine Auftragsvergabe an Michael Braungart oder sein EPEA-Institut nicht in Frage komme, erklärte Expo-Geschäftsführer Konrad Heede dem Ausschuß am vergangenen Freitag. Aufträge des Landes an Braungart kamen ohnehin nicht in Frage.

Immerhin hat der Ausschuß einige Indizien dafür ans Licht gebracht, daß Michael Braungart keineswegs so selbstlos und nur aus ehrbaren ökologischen Motiven handelte, wie er immer vorgibt: Nach jenem umgehend von der Expo-Planungsgruppe des Landes verworfenen Lizenzpapier, in dem seinem EPEA-Institut das Projektmanagement bei der Lizenzvergabe zugedacht war, hat er selbst Anfang 1994 noch ein weiteres englischsprachiges EXPO- Konzept verfaßt. Diesmal sollte der Club of Rome bei der Lizenzvergabe als Jury dienen, wobei Braungart oder sein Institut sozusagen das Generalsekretariat dieser Jury managen wollten. Allerdings hätte der Ausschuß bei all diesen nie umgesetzten Ideen immer noch die Brücke zu Monika Griefahn zu schlagen, schließlich kann diese nicht einfach in Sippenhaftung genommen werden, auch wenn der Gedanke naheliegt, daß Eheleute auch wichtige geschäftliche Angelegenheiten miteinander besprechen. Die Vorwürfe gegen Monika Griefahn selbst sind auch nach 62 Zeugen im wesentlichen die gleichen geblieben. Jürgen Voges

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