: Alte Männer, alte Pläne
Die Ministerpräsidenten Schröder, Stoiber und Teufel stellen ihr Kungelpapier mit der deutschen Autoindustrie zu Tempolimit und Kfz-Steuer vor ■ Von Jürgen Voges
Hannover (taz) – „Kein Automobilkonsens, sondern nur eine Mobil-ohne-Auto-Konsens sichert den Lebensstandort Deutschland“, mit diesen Worten hat der BUND-Vorsitzende Hubert Weinzierl den Auftrieb der Autolobby in Bonn kommentiert. Die Chefs der Autofirmen Mercedes, VW, BMW und Porsche haben dort gestern gemeinsam mit den Ministerpräsidenten Stoiber, Schröder und Teufel unter dem Titel „Automobil-Konsens erreicht“ ihr umstrittenes Papier zum „Automobilstandort Deutschland“ präsentiert. In dem Konsenspapier „verpflichtet“ sich die Automobilindustrie „zu einer Optimierung ihrer Produkte und bekennt sich zum Ziel stabiler Beschäftigungsverhältnisse“. Im Gegenzug wollen sich die drei Ministerpräsidenten, die sich in dem Papier als „die Politik“ bezeichnen, „für klare Rahmenbedingungen ohne zusätzliche Belastungen für die Kraftfahrzeughersteller und Autofahrer einsetzen“. Wie Schröder, Stoiber und vor allem Teufel in Bonn betonten, heißt dies, daß das Auto „nicht mehr als Umweltfeind Nummer eins verteufelt“ wird und daß auf Unternehmen und Autofahrer künftig keine höheren Lohnnebenkosten oder höhere Steuern zukommen.
Zur Optimierung ihrer Produkte wollen die Pkw-Hersteller „eine Dieselinitiative“ starten, durch die „bis zum Jahr 2000 auch Modelle auf dem Markt sein sollen, die nur noch drei bis vier Liter Kraftstoff auf hundert Kilometer verbrauchen“. Alle sieben Autofreunde forderten eine deutliche Absenkung der Kfz-Steuer für heute als schadstoffarm geltende Diesel-Pkws von derzeit 37 Mark pro hundert Kubikzentimeter Hubraum auf 30 Mark und zum 1. Januar 1997 den generellen Umbau der Kfz-Steuer in eine emissionsbezogene Steuer. Die Industrie verpflichtet sich in dem Papier zu einer gewissen Senkung der Emissionen ihrer Autos: Erst 2005 sollen die in Deutschland hergestellten und verkauften Autos 25 Prozent weniger Sprit verbrauchen als 1990. Die Abgasemissionen sollen immerhin bis zum Jahr 2000 zwischen 45 und 80 Prozent verringert werden. BUND-Chef Weinzierl erinnerte gestern daran, daß das Dreiliterauto von der Industrie bereits seit fünf Jahren versprochen wird. Daß die drei Ministerpräsidenten im Gegenzug auf ein generelles Tempolimit verzichtet hätten, nannte Weinzierl einen „unglaublichen Kuhhandel“. Sein Bundesgeschäftsführer Onno Poppinga nannte den Auftritt der Autolobby eine „Allianz gegen die ökologische Steuerreform“.
Für den umweltpolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Müller, hat „das meiste, das gestern wieder in die Diskussion gebracht wurde, schon einen langen Bart“. Die SPD habe nichts gegen Selbstverpflichtungen der Industrie. Die bisherige Erfahrung habe jedoch gezeigt, daß sie entweder folgenlos blieben oder unzureichend umgesetzt würden. Nach Ansicht des VCD garantiert das Autokonsenspapier den Automobilherstellern „die gewünschten Rahmenbedingungen auf Kosten der Umwelt“. Das versprochene Dreiliterauto sei eine Mogelpackung. Rußpartikel aus Dieselmotoren seien für 60 Prozent aller durch Luftschadstoffe hervorgerufenen Krebserkrankungen der Atemwege verantwortlich.
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