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Die vergebliche Suche nach Sicherheit

Der Bombenanschlag am Pariser Triumphbogen gleicht dem vor drei Wochen in der Vorortbahn. Wer die Täter sind, ist unbekannt, aber alle meinen zu wissen: Es sind finstere Araber  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Drei Wochen nach dem letzten blutigen Bombenattentat in Paris ist am späten Donnerstagnachmittag eine neue Bombe explodiert – in einem Papierkorb nur wenige Meter vom Triumphbogen entfernt. Der Sprengsatz verletzte 17 Menschen. Wie schon bei dem Attentat vom 25. Juli auf den Vorortzug RER tappen die Ermittler im dunkeln. Innenminister Jean- Louis Debré mahnte seine Mitbürger gestern zu Wachsamkeit. „Ich kann nicht ausschließen, daß es weitere Attentate geben wird“, sagte er.

Die Bombe explodierte wenige Minuten nach 17 Uhr direkt neben einem Zeitungskiosk und einer Bushaltestelle an der Avenue de Friedland. Verletzungen erlitten die Umstehenden vor allem an den Beinen – unter anderem durch scharfe, zehn Zentimeter lange Nägel, die in den Sprengstoff gemischt waren. Die meisten Opfer sind ausländische Touristen, darunter eine Deutsche.

Augenzeugen sagten aus, sie hätten am Tatort einen je nach Beschreibung grauen oder schwarzen Mercedes mit Diplomatenkennzeichen beobachtet. Seine Insassen entpuppten sich als Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Paris, wurden jedoch noch am selben Abend wieder auf freien Fuß gesetzt. Aus der Botschaft Teherans kam ein Dementi. Weitere konkrete Hinweise hat die französische Polizei bislang nicht.

Die Sorge vor weiteren Anschlägen ist seit der RER-Bombe in der Metrostation Saint Michel allgegenwärtig. Damals waren sieben Menschen ums Leben gekommen und über 80 teilweise schwer verletzt worden. Tatsächlich gibt es Parallelen zwischen den beiden Anschlägen. Die Täter wählten weltweit bekannte Plätze im Zentrum von Paris aus – bei Notre Dame und beim Triumphbogen. Sie schlugen jeweils kurz nach 17 Uhr zu – mitten im Berufsschlußverkehr. Sie nahmen eine anonyme Menschenmasse ins Visier. Sie packten ihre Sprengsätze in blaue Campinggasflaschen. Und sie schickten keine Bekennerschreiben.

Direkt nach dem Attentat von Saint-Michel verfolgten die Ermittler zwei Hauptspuren: Die „serbische Fährte“ und die „algerische Fährte“. Inzwischen hat sich bei französischen Terrorismusexperten und Medien die Meinung festgesetzt, es handele sich eher um nordafrikanische Täter. Dafür sprechen sowohl technische Details als auch Zeugenaussagen und Vorgeschichten.

Zu den technischen Details gehört die Bauart der beiden Bomben, die denen ähneln, die von den radikalislamistischen „Bewaffneten Islamischen Gruppen“ (GIA) in Algerien benutzt werden. Auf Disketten, die französische Fahnder in den vergangenen Wochen bei Razzien bei Islamisten in Frankreich beschlagnahmten, fanden sich Anleitungen zum Basteln derartiger Bomben. Die Polizei weiß inzwischen, daß die Campinggasflasche in Belgien gekauft wurde. Über die chemische Zusammensetzung des Sprengstoffs rätseln ihre Experten noch immer.

Zeugen des Metro-Attentats vom Juli beschrieben allesamt nordafrikanische Tätertypen. Allerdings waren ihre Angaben so vage, daß die drei mit ihrer Hilfe erstellten Phantombilder kaum individuelle Gesichtszüge tragen. Sie animierten lediglich den algerischen Geheimdienst dazu, Jugendbilder eines „Terroristen“ nach Paris zu schicken, die aber keine erkennbare Gemeinsamkeit mit den Phantombildern der französichen Polizei aufwiesen. Die nach der Tat eingegangenen Bekenneranrufe und -schreiben hielten einer polizeilichen Überprüfung nicht stand. Bis zur Suche weiterer Tatzeugen ließ die französische Polizei wertvolle Zeit verstreichen: Erst über eine Woche nach der Tat suchte sie über die Medien RER- Passagiere, die eine Station vor dem Attentat ausgestiegen waren.

Wenige Tage vor dem Attentat von Saint-Michel war in einer Pariser Moschee der algerische Imam Sahnoun, ein Mitgründer der verbotenen algerischen „Islamischen Heilsfront“ (FIS), ermordet worden. Nach diesem bislang ebenfalls nicht aufgeklärten Verbrechen hatte die französische Polizei Racheakte befürchtet. Einen möglichen Zusammenhang sieht sie auch mit der Entführung eines Flugzeugs der Air France im vergangenen Dezember in Algier.

Seit dem Attentat von Saint-Michel, bei dem die Bombe unter einem Zugsitz plaziert war, wurden in Paris Zigtausende Personenkontrollen durchgeführt, Papierkörbe in der U-Bahn versiegelt, Schließfächer geschlossen und Warnungen vor „verdächtigen Gepäckstücken“ verbreitet. Offenbar war das nicht genug. Gestern versprach Innenminister Debré, er werde die Sicherheitsmaßnahmen noch weiter verstärken.

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