: Das Klima in Bayern hat sich verschärft
■ betr.: „Gott sei Dank“ (Die kleine Breitseite) von Matthias Deutsch mann, taz vom 27. 9. 95
Deutschmanns kleine Breitseite hat uns ja wirklich amüsiert, aber trotzdem sind wir der Meinung, es ist langsam an der Zeit, in sich zu gehen. Schluß endlich mit dem chauvinistischen Gehabe der ach so aufgeklärten Bundesbürger. Wir sind auch für eine Abspaltung Bayerns vom Bundesgebiet, weil wir es mit der Titanic halten: „Die endgültige Teilung Deutschlands, das ist unser Auftrag.“
Es gibt aber auch triftige Gründe, die dagegen sprechen. Wir denken da vor allem an unsere in Bayern lebenden Freunde, die im Sezessionsfall gezwungen wären, ihre Heimat zu verlassen. Das Elend in den Flüchtlingslagern an der hessisch-bayerischen Grenze kann man sich vorstellen. Wie aber würde Rest-Deutschland reagieren?
Wahrscheinlich würde Kanther bei Stoiber anrufen, sich der Sicherheit eventuell abgeschobener Bayern-Flüchtlinge im Heimatland vergewissern, schließlich käme heraus, daß es sich beim Großteil sowieso nur um Gastwirtschaftsflüchtlinge handelt und es hieße: Rückführung! Und was geschähe mit den laizistisch-demokratischen Enklaven in Franken (zum Beispiel Nürnberg) oder SPD-regierten Städten wie Regensburg oder Passau? Vor allem die fränkische Unabhängigkeitsbewegung bekäme großen Zulauf, ein Problem, das man schon heute erwägen sollte, statt unvorsichtig irgendwelche Abspaltungen zu fordern. Auf jeden Fall sollte man die Fehler, die in Ex-Jugoslawien gemachten wurden, in Bayern nicht wiederholen.
Die Tatsache, daß bisher außer dem Kläger niemand sonst das Abhängen von Kruzifixen in den Klassenzimmern gefordert hat, zeigt doch vor allem eins: Das Klima in Bayern hat sich verschärft, eine freie Meinungsäußerung der Opposition scheint nicht mehr möglich. Vielleicht sollte sich die UNO dieses Mal früher einschalten und nicht erst, wenn die Bayern-Tschetniks mit den Säuberungen beginnen. BUBE (Bayerische
Untergrundbewegung im Exil)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen