■ Gastkommentar: Klotz am Vulkan-Bein
Nun zittern wir wieder, Metaller Frank Teichmüller sieht die norddeutschen Werften akut bedroht. Die Zukunft des Vulkans ist düster wie in alten Zeiten. Da tauchen Fragen auf. Als seinerzeit sich der Senat zur Rettung der nordbremischen Großwerft entschloß, wußte er, daß mit der AG Weser der modernere Betrieb plattgemacht worden war. Beim Vulkan mußte, das war jedem klar, viel geschehen, um ihn für kommende Zeiten fit zu machen. Bremens Regierung war dazu entschlossen. Die letzte bremische Großwerft sollte überleben.
„Rettung für die Vulkanwerft in Bremen Nord“, das war der klare Auftrag, den wir an den Senatsdirektor Friedrich Hennemann seinerzeit im Senat beschlossen haben, als wir ihn in den Vorstand des Bremer Vulkans schickten. Auch als er dort schnell Karriere machte und gar Vorstandsvorsitzender wurde, gab es für all sein Tun nur diesen Senatsauftrag als einzige Legitimation. Der Senat der Freien Hansestadt ist schließlich keine Einrichtung zur Förderung von Individualkarrieren seiner Senatsdirektoren. Die Abstellung des Senatsdirektors Dr. Friedrich Hennemann zum Vulkan hatte nicht zum Ziel, ihm eine persönliche Zukunft als Großindustriellen zu ermöglichen.
Jetzt, Jahre nach dem Auftrag, erfahren wir, daß der Vulkan immer noch keine sichere Zukunft hat. Zwei- oder dreihundert Millionen müssen schnell investiert werden, damit er und sein Anhang überleben kann. Beim Vulkan reicht's aber kaum fürs Laufende. Was also hat der abgeordnete Senatsdirektor Hennemann seither gemacht? Wenn man vom maroden Werftenplatz Bremen absieht, war er durchaus erfolgreich. Schließlich ist um den Sanierungsfall Vulkan herum ein Industrieimperium entstanden, das seinen Eigentümern noch Freude machen wird. Schließlich hat Hennemann einen Großkonzern geschaffen, der die weltbesten Werften besitzt – nur nicht in Bremen. Der Senatsgesandte Hennemann hat sich zum Großindustriellen gemausert, der ein geschicktes Händchen beim Zusammenkauf von Firmen zeigt, auch wenn sie wenig für die Sicherung der Arbeitsplätze in Bremen bringen. Finanzsenator Grobecker und Bürgermeister Wedemeier waren stets mit ihm einig, daß immerwährende Expansion das Vulkandesaster bannt. Nun ist der Gipfelpunkt erreicht, die Partner im Senat sind weg. Die Eigentümer wollen Konsolidierung und Rendite. Da stört der übriggebliebene Sanierungsfall Bremer Vulkan. Das neue Imperium floriert nur ohne ihn.
Das industrielle Großreich des Friedrich Hennemann mit Schiffen und Werften tut sich jetzt zwischen Rostock und Wismar auf. Die Wendegelder haben neue Superwerften jenseits der Elbe wachsen lassen, die nun den Ursprungsplatz bedrohen. Der Irrwitz ist Wirklichkeit, daß die Werft in Bremen Nord zun Klotz am Vulkanbein geworden ist. Die Banken wissen das und gewähren dem Dr. Hennemann die Gnadenfrist, das Bremer Problem zu lösen. Der kommende Mann soll diese Last vom Halse haben. Am eignen Zopf jedoch zog nur Münchhausen sich aus dem Sumpf. Wenn jetzt der Bremen Norder Werft 300 Millionen aus eigenem Vermögen zuwachsen sollen, so ist die Hibeg wieder Einfallspforte für Staatsknete. Denn ohne neues bremisches Geld ist Hennemann am Ende seines Expansionstrips nicht zu helfen.
Wie aber lautete damals der Senatsauftrag für den Senatsbeamten Hennemann? Jedenfalls nicht, für fremde Eigentümer jenseits von Bremen gute Renditemöglichkeit zu schaffen und selber in das Goldreich der Industriegroßen aufzusteigen. Wenn sich am Ende herausstellen sollte, daß aus der angeschlagenen Bremer Werft nichts als ein florierender mecklenburgischer Konzern geworden ist, dann hätte Senatsdirektor Hennemann gründlich versagt. Viel lieber flöchten wir ihm Lorbeerkränze.
Thomas Franke, Senator a.D.
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