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Nagel läßt U-Bahn in den Wahlkampf rollen

■ Erste Fahrt über die Oberbaumbrücke nach Friedrichshain. Ab Samstag rollt auch die Straßenbahn wieder in den Westen. Bauarbeiten sind noch in vollem Gange

Bausenator Wolfgang Nagel hat dazugelernt. Als er vor zwei Jahren die U-Bahn-Linie 2 eröffnete, verkündete er noch ungeniert, daß „ich sonst überhaupt nicht U-Bahn fahre“. In Wahlkampfzeiten erscheint mehr Bürgernähe opportun, und so zeigte er sich gestern bei der Jungfernfahrt der U 1 über die Oberbaumbrücke als routinierter Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs. „Nach der Maueröffnung bin ich als erstes mit meiner Tochter im Osten Straßenbahn gefahren“, freute er sich auf die anschließende Vorführung der neuen Tramlinie in den Wedding.

Am Samstag geht die 830 Meter lange Hochbahnstrecke zwischen den Bahnhöfen Schlesisches Tor und Warschauer Straße nach 34 Jahren Unterbrechung wieder in Betrieb. Die Wiederherstellung des Endbahnhofs, der beiden Abstellhallen und des Hochbahnviadukts kostete 174 Millionen Mark. Davon entfallen 25 Millionen Mark auf die Strecke über die Oberbaumbrücke. „Wir geben der Stadt eine ihrer schönsten Brücken zurück“, lobte sich Nagel, „wir schließen nicht nur Lücken, sondern wir heilen Wunden.“

Dazu zählt auch die erste Straßenbahn, die wieder in den Westteil der Stadt fährt, seit die letzte Linie 1967 dem Traum von der autogerechten Stadt weichen mußte. Zwischen dem S-Bahnhof Bornholmer Straße und dem Louise- Schroeder-Platz sind die Bauarbeiten noch in vollem Gange. Anders als auf der neuen Linie 24 können auf der Linie 23 vorerst wegen schlechter Strecken keine modernen Niederflurwagen eingesetzt werden.

Die weitere Verlängerung der U-Bahn an der Warschauer Straße, um ein direktes Umsteigen zur S-Bahn zu ermöglichen, hat für Nagel keine hohe Priorität. „50 Meter laufen is' ja mal zumutbar“, sagte er. Er sprach sich aber für eine baldige Verlängerung der Straßenbahn nach Kreuzberg über die Warschauer Brücke aus. Wer, wie Verkehrssenator Herwig Haase (CDU), einen aufwendigen Brückenneubau fordere, „verhindert, daß sie in nächster Zeit kommt“.

Der verkehrspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Michael Cramer, kritisierte, daß die U-Bahn erst ein Jahr nach der Freigabe für den Autoverkehr wieder über die Oberbaumbrücke fährt. Die Straßenbahn sei wegen der Wahlen in solcher Eile gebaut worden, daß sie „möglicherweise in Kürze wieder saniert werden muß“. Daß der Senat in fünf Jahren nur 2,8 Kilometer Straßenbahn gebaut habe, zeige die „Blockadepolitik“ gegenüber diesem Verkehrsmittel. Ralph Bollmann

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