: Kita-Baracke für Trebe-Kids
■ Dreißig jugendliche Obdachlose aus Mitte finden über den Winter eine Bleibe
Hundeknäuel und bunthaarige Jugendliche sind nichts Ungewöhnliches in den Aufenthaltsräumen des „Klik“, eines Tagesprojekts für jugendliche Obdachlose in der Johannisstraße in Mitte. Auffallender waren da schon die VertreterInnen von Bezirksamt, Senatsbauverwaltung, Wohnungsbaugesellschaft und Sanierungsträgern, die sich dort gestern zu einem „Runden Tisch Jugendobdachlosigkeit“ eingefunden hatten. Für etwa dreißig junge Obdachlose, die nach der Räumung eines Hauses in der Linienstraße seit Freitag in einer 50 Quadratmeter großen Baracke in der Chausseestraße untergekommen waren, fand der Runde Tisch eine unerwartet schnelle Lösung: Die Kids können bis zum Frühjahr eine ehemalige Kita in der Rückerstraße in Mitte beziehen.
Das Bezirksamt Mitte hatte vorab die Situation der Jugendlichen als Notfall eingestuft und grünes Licht für die Bereitstellung und Bewohnbarmachung der 200 Quadratmeter großen Kita-Baracke gegeben. Mit „Zukunftsbau“ wurde zugleich ein geeigneter Träger für das Projekt gefunden. Auch die Betreuung durch Sozialarbeiter des Bezirks ist garantiert. Die Schlüssel sollten noch gestern übergeben werden, kommenden Freitag will man dann mit dem Bauamt und möglichen Firmen die grundlegendsten Baumaßnahmen klären. Den Jugendlichen kann es gar nicht schnell genug gehen, aus den beengten Verhältnissen in der Chausseestraße herauszukommen. Langwierige Absprachen mit Baufirmen halten sie für überflüssig: „Alles, was wir brauchen, ist ein Generator, ein Bauklo und ein 500-Liter-Faß Wasser, dann können wir loslegen.“
Schon seit mehreren Wochen ziehen die obdachlosen Kids auf der Suche nach einem Platz für den Winter durch Berlin. Sei es die ehemalige rumänische Botschaft in Pankow, in der sie sich nur in die gemachten Betten legen mußten, seien es Fabrikgebäude oder leerstehende Häuser – überall waren sie nach wenigen Tagen der Polizei oder den Eigentümern ein Dorn im Auge. Bevor sie vergangene Woche in die Chausseestraße gekommen waren, waren sie auf ihrer Odyssee in der Linienstraße 215 untergekommen. Dort waren sie schließlich nach einer Räumungsdrohung durch die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) freiwillig ausgezogen. Die WBM hatte daraufhin ersatzweise die Baracke in der Chausseestraße angeboten.
Beim Runden Tisch wurden für die Unterkunft in der Kita-Baracke nun zwar Baumaßnahmen für das Dach und eine Heizung für den Winter zugesichert, doch die von den Trebe-Kids ersehnte langfristige Perspektive, ein Mietvertrag in einem richtigen Haus, fehlt noch immer. Für Ralf Hirsch, Mitarbeiter bei Bausenator Nagel, ist hier ein Signal seitens des Bezirks fällig: „Da müßte der Bezirk erst mal sagen, ob er ein solches Projekt überhaupt will.“ Erst danach, so Hirsch, könne man sich noch mal zusammensetzen.
Senatsvertreter Hirsch übermittelte den Jugendlichen zum Abschluß der Runde auch noch die Wünsche des Noch-Bezirksbürgermeisters von Mitte, Gerhard Keil (SPD): „Achtet auf den Müll! Und laßt die Hunde nicht auf den Spielplatz, geht lieber in den Park!“ Gereon Asmuth
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