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Die Tiger wollen nach oben

■ Neuling BC Johanneum schlägt den MTV Wolfenbüttel knapp mit 93:90 und träumt nun vom Aufstieg in die erste Basketball-Bundesliga Von Erol Caner

Allmählich wird der Erfolg unheimlich. Auch der ehemalige Bundesligist MTV Wolfenbüttel konnte den Siegeszug des BC Johanneum in der zweiten Basketball-Bundesliga nicht stoppen. Nach dem 93:90-Erfolg am Samstag abend und insgesamt acht Saisonspielen stehen die BCJ-Tigers, wie die Mannschaft aufgrund ihrer schwarz-gelben Vereinsfarben genannt wird, mit 12:4-Punkten auf dem dritten Tabellenplatz. Der würde am Ende der regulären Punktspielserie zur Teilnahme an den im März 1996 beginnenden Playoffs – der Aufstiegsrunde zur ersten Bundesliga – bedeuten.

So weit ist es noch lange nicht. Doch „spätestens in der nächsten Saison“ will der BCJ den Sprung in die höchste deutsche Spielklasse schaffen, so Spieler-Manager Patrick Elzie. Dafür ist jedoch eine spielstarke Mannschaft vonnöten, eine, die dann vielleicht auch mit den Top-Teams wie Alba Berlin oder Bayer Leverkusen mithalten kann. Durch die Verpflichtung des US-Amerikaners Kevin Hrobowski, der inzwischen der unumstrittene Star in der Mannschaft ist, wurde ein wichtiger Schritt in diese Richtung unternommen.

Der 24jährige ist der einzige Vollprofi im Kader des BC Johanneum und sieht sein Engagement beim Hamburger Zweitligisten lediglich als Durchgangsstation: „Mein Ziel ist es, mich in der NBA zu etablieren.“ Doch bevor sich der Schwarze in der US-amerikanischen Profiliga etablieren kann, ist es vermutlich ein ebenso langer Weg wie der der Hamburger in die erste Liga. Erst einmal muß der 1,98-Meter-Mann durch gute Leistungen ein Klasse tiefer das Interesse der NBA-Talentspäher wecken.

Außer Hrobowski werden auch Felix Göschel und Carsten Heinichen von Elzie als „durchaus bundesligatauglich“ eingestuft. Der Manager selbst ist ebenfalls ein Leistungsträger – mit fast 35 Jahren ist Ice, so sein Spitzname, der erfahrenste Mann im Team. Wenn er nicht als Center spielt, kümmert er sich um die Belange des BC Johanneum. Der Deutsch-Amerikaner soll aber in zwei Jahren den jetzigen Trainer Heiner Zarnack ablösen und wird dann wohl nicht mehr als Spieler zur Verfügung stehen. Es muß also noch die eine oder andere Verstärkung verpflichtet werden, um eine Spielklasse höher bestehen zu können – keine ganz billige Angelegenheit.

Die Eintrittsgelder reichen schon jetzt nicht aus, um den Etat von circa 150.000 Mark zu decken, bei einem Zuschauerschnitt von gut 500 Zuschauern pro Heimpiel keine große Überraschung. „Es ist in Hamburg sehr schwer, Sponsoren zu gewinnen“, klagt Elzie, „die Firmen investieren lieber woanders.“ Einen kleinen Erfolg konnte der Zwei-Meter-Hüne jedoch kürzlich verbuchen: Ein asiatisches Elektronikunternehmen ziert ab sofort die Brust der BCJ-Spieler und zahlt dafür immerhin 60.000 Mark.

Mehr Publikum soll durch ein Rahmenprogramm angelockt werden, wie man es – viel größer – aus den USA kennt: Ganz nach dem großen Vorbild turnt während des Spiels ein als Tiger kostümierter Mensch durch die Halle. In den Auszeiten gibt es Tanzdarbietungen, unterlegt mit Hip Hop-Grooves. Besonders spektakuläre Körbe der Heimmannschaft werden vom Hallensprecher im Stile seiner US-Kollegen kommentiert.

Fast schon bieder nimmt sich vor soviel Hipness der Kartenservice an. Für die Volleyballspiele des TuS Berne, der seine Begegnungen stets vor oder direkt nach dem BCJ in der Sporthalle Wandsbek austrägt, gibt es eine Ermäßigung von 50 Prozent für die Inhaber einer Basketballkarte. Dabei bleibt allerdings ein organisatorisches Problem zu lösen: Wie kassiert man die Hälfte des Eintrittsgelds von Menschen, die einfach in der Halle bleiben? Ein geringe Schwierigkeit, verglichen mit dem geplanten Aufstieg.

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