: Die Welt, wie Major sie sieht
■ Im britischen Parlament verkündet die Queen die Pläne der Tory-Regierung
Dublin (taz) — Der Glanz und die pompösen Kostüme bei der traditionellen Parlamentseröffnung durch Königin Elisabeth konnten den Mangel an Inhalten gestern nicht übertünchen. Während sich die Lords auf den gepolsterten Bänken räkelten und die Abgeordneten im hinteren Teil des Saales wie die Sardinen stehen mußten, verlas die Queen 16 Gesetzesinitiativen, die von der Tory- Regierung für die kommende Legislaturperiode geplant sind.
Neben der Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen wollen die Tories Kleinunternehmer fördern, die Sozialkosten senken und für Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt sorgen. Außenpolitisch will die Regierung auf Modernisierung der konventionellen Waffensysteme in Europa drängen und die Wirksamkeit der UN als Friedenswacht erhöhen. In der eigenen Partei umstritten sind die geplanten Gesetze zur Abschreckung von Flüchtlingen. Dazu gehören die Streichung der Sozialhilfe für AsylbewerberInnen, eine Meldepflicht für Arbeitgeber, wenn AusländerInnen keine Papiere haben, die Streichung des Einspruchsrechts sowie eine Liste „sicherer Staaten“, auf der auch Nigeria steht. Flüchtlinge aus diesen Ländern werden grundsätzlich abgewiesen.
Der stellvertretende Labour- Chef John Prescott sagte, es sei eine Schande, daß die Tories die Rede der Königin in eine politische Werbeveranstaltung verwandelt hätten. Während Paddy Ashdown von den Liberalen Demokraten das Asylgesetz als grundfalsch kritisierte, gab es vor dem Westminster-Parlament handfeste Proteste, die der Tory-Vorsitzende Brian Mawhinney ausbaden mußte: Als er auf dem Weg zur BBC war, wurde er von DemonstrantInnen mit Mehlbomben und Farbeiern beworfen. Im Fernsehstudio zog er sich sein bunt paniertes Jackett aus und behauptete: „Wenn das die Art ist, wie verschiedene radikale Gruppen sich benehmen, dann wird die Mehrheit der Bevölkerung unseren geplanten Asylgesetzen zustimmen.“
Die Attacke auf Mawhinney blieb gestern nicht die einzige schlechte Nachricht für die Tories: Ihr Abgeordneter Julian Critchley erklärte, daß er bei den nächsten Wahlen nicht mehr kandidieren und darüber hinaus auch nicht für die Tories stimmen werde. Seiner Partei prophezeite er eine deutliche Niederlage und „mindestens acht Jahre in der Opposition“. Critchley beschuldigte die ehemalige Premierministerin Thatcher, die Tories in eine „Partei der ideologischen Kreuzritter“ verwandelt zu haben. Ralf Sotscheck
Siehe auch Seite 20
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