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■ DaumenkinoSieben

Daß Menschen in den USA Menschen erschießen, erklärte Dennis Hopper neulich in einem Interview, läge daran, daß es zu viele Waffen gäbe, an Arbeitslosigkeit, Drogen, Korruption und an der Unterdrückung von ethnischen Minderheiten. Auf keinen Fall aber an Filmen, die sich mit Gewalt beschäftigen. Während er so sprach, wirkte der alternde Captain America sehr entspannt und weise. Er kann „Sieben“ nicht gekannt haben. „Sieben“ will auch zeigen, daß soziales Elend, Drogen und der ganze Billigsex in der US- amerikanischen Gesellschaft einige Falten hinterlassen haben. Dafür greift der Film allerdings selbst zur Waffe.

Ein Serien-, pardon: Ritualmörder schleicht durch eine verregnete Großstadt in den Staaten, bringt auf best- iih-aah-lische Weise um, was er Abschaum nennt, und will damit der Menschheit die sieben Todsünden wie einen Fehdehandschuh ins Gesicht schlagen. Habgierige Rechtsanwälte bezahlen mit einem Pfund Eigenfleisch, tranigen Junkies werden die Glieder amputiert, eine Nutte am Fleischermesser-Dildo zu Tode gevögelt. Brad Pitt und Morgan Freeman stolpern derweil durch dunkle Gassen und können den Täter nicht packen. Mit dem Showdown wird alles noch schlimmer: Der „American Psycho“ beherrscht das Detektivpaar, das sich als schwarzer Old- School-Marlowe und weißes Karrierebübchen nicht so gut ausstehen kann wie weiland Karl Malden und Michael Douglas in „Die Straßen von San Francisco“. Zwar entwickeln sich durchaus Gefühle neben dem Job, aber die macht zuletzt der Mörder kaputt.

Das ganze ist sehr unappetitlich und sehr nihilistisch gemeint. Denn Regisseur David Fincher, ein Jungtalent, das zuvor eben mal „Alien3“ als Debüt gedreht hat, will auch zeigen, wie abstoßend Kino funktioniert. Alles ist ihm eine Allegorie auf den Voyeurismus, kein Mord wird Special-Splatter-effecthaft in Szene gesetzt, sondern duchgehend ausgespart – das Gemetzel passiert in Abwesenheit der Kamera. Übrig bleiben verzweifelte Beichten und immer wieder in Dunkelkammern aufgehängte Fotos, die Fincher animiert. Einmal leuchtet Pitt mit der Taschenlampe über sie hinweg und husch, husch beginnt der geschlachtete Anwalt in Stopp-Motion an seinem Oberschenkel herumzuoperieren.

Irgendwie will Fincher zeigen, wie abgestumpft das Kinopublikum sich gegenüber jedem Grauen verhält. Nicht der Serienmörder ist pervers, sondern die Gesellschaft, die zuschaut. Daß sie es tut, ist ein Verdienst von Fincher, der mit seinem Film natürlich keine Lösung anbieten will. Oder wie Produzent Arnold Kopelson über seinen Wunderregisseur sagt: „David Fincher hat eine außergewöhnliche Arbeit geschaffen, in der jedes Einzelbild wie ein Ölgemälde aussieht.“ Eben. Wer braucht schon aufgespießte Leichen in Öl? hf

Sieben, USA 1995, 130 Min.

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