■ Mit Autosteuern auf du und du: Teure Dienstwagen
Berlin (taz) – Die oberen Zehntausend sollen bluten. Ab Anfang 1996 zahlen die Leistungsträger unserer Gesellschaft drastisch erhöhte Steuern für ihre komfortablen Dienstwagen. So steht es im Jahressteuergesetz. Doch jetzt laufen die Lobbyisten der Nobelautokonzerne Mercedes, BMW und Porsche Sturm gegen die Neuregelung.
Kein Wunder: Teurer werden nur privat genutzte Firmenwagen, deren Anschaffungspreis über 55.000 Mark liegt. Für eine 60.000 Mark teure Luxuskarosse, deren Besitzer monatlich 100 Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsplatz zurücklegt, würden dem steuerpflichtigen Einkommen jährlich 28.400 Mark hinzugerechnet. Unterm Strich könnte eine Dienstwagensteuer von rund 10.000 Mark herauskommen.
Der neu berechnete „geldwerte Vorteil“ eines Dienstwagens setzt sich zusammen aus einer jährlichen Pauschale von zwölf Prozent des Kaufpreises und einer Steuer auf jeden zu Berufszwecken gefahrenen Kilometer. Natürlich können die BesitzerInnen weiterhin die Kilometerpauschale von 52 Pfennigen absetzen und mit einem Fahrtenbuch nachweisen, daß sie den Wagen fast nur beruflich nutzen. Damit würde die zusätzliche Steuerbelastung erheblich sinken. Die erhöhte Abgabe soll jährlich eine Milliarde Mark in Theo Waigels Kassen spülen.
Kurz vor Toresschluß bäumen sich die Hersteller von teuren Dienstwagen noch einmal auf. „Das ist mir ein Wagen nicht wert“, protestiert ein Sprecher von Mercedes-Benz, der sich in die Situation seiner Kunden hineinversetzte. Das Unternehmen befürchtet Umsatzeinbußen bei teuren Luxuskarossen. 50 Prozent der von Mercedes verkauften Autos würden beruflich genutzt.
Ökologisch gesehen bringt die erhöhte Dienstwagensteuer ein Plus. Bevorzugt werden kleine Wagen, die künftig nicht nur weniger Sprit schlucken, sondern auch steuerlich deutlich billiger werden. In die Röhre gucken dürfte dann vor allem Porsche, denn vergleichsweise preiswerte Autos werden dort nicht hergestellt.
BMW und Mercedes geht es nicht ganz so schlimm: Gerade der Daimler-Konzern bringt demnächst die Sparautos der A-Klasse auf den Markt. Doch auch sie befürchten Umsatz- und vor allem Gewinneinbrüche. An großen Autos ist einfach mehr zu verdienen.
Als letzten Hebel haben die Konzerne das von IG-Metall- Chef Klaus Zwickel vorgeschlagene „Bündnis für Arbeit“ zwischen Firmen, Gewerkschaft und Bundesregierung entdeckt. Über die 300.000 Arbeitsplätze zusätzlich brauche man gar nicht mehr zu reden. Ein billiger Ausstieg aus einem ungeliebten Projekt? Hannes Koch
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