■ Wie schottische Rinder die Deutschen retten
: Last Exit Galloway

Mit dramatischer Geschwindigkeit greift in Deutschland der Rinderwahnsinn um sich; wie die Fachzeitschrift Spektrum der Wissenschaft in ihrer jüngsten Ausgabe berichtet, seien vor allem immer mehr Menschen infiziert. „Die Symptome sind eindeutig“, zitiert das angesehene Blatt Dr. Hans Lang und Dr. Rüdiger Meyer vom Berliner Rudolf-Virchow-Institut: „Der Erlösungsbedarf hat nach unseren Messungen in den letzten Jahren um mindestens 90 Prozent zugenommen. Die Folge ist eine starke Simplifizierung der Hirnstruktur, die bis zur völligen auflösung und Demenz, aber auch zu aggressivem Irrsinn führen kann.“

Rinderwahnsinn wirkt sich aus wie Gehirnwäsche

Als bislang prominentestes Beispiel nennen Lang und Meyer Joschka Fischer: „Fischer ist seit Monaten im Wortsinn schlachtreif. Wir untersuchen jetzt die Übertragungswege der Seuche, denn auch viele seiner Kolleginnen und Kollegen, die früher recht zurechnungsfähig wirkten, haben sich ohne erkennbaren äußeren Grund seinem Plädoyer für die ,Operation BSE‘ auf dem Balkan angeschlossen.“ Rinderwahnsinn, kurz BSE genannt, wirke sich zunächst ganz ähnlich aus wie eine Gehirnwäsche, erläutern Lang und Meyer: „Göttinger Kollegen haben Mitglieder einer militanten Frauengruppe namens ,Lila Hilfe‘ untersucht, die Franziska van Almsick entführt hatte, um von Milka gesponsert zu werden. Oder nehmen Sie Leute, die BMW fahren – bei uns heißen sie schon lange nur noch BSE-Piloten.“

Als Anfang 1990 erste Fälle von Rinderwahnsinn in Deutschland auftauchten, wurde das Team Meyer/Lang aktiv. „Als wir die Bilder von zusammenbrechenden Kühen sahen, assoziierten wir beide direkt die Bilder vom Fall der Mauer: zwei unterschiedliche, aber sehr nah verwandte Formen von Veitstanz, wie die Seuche in Deutschland ja auch genannt wird.“

Mittlerweile sind die beiden Wissenschaftler sicher, daß 1990 nur die Spitze des Eisberges sichtbar wurde: „Natürlich kann und darf man Geschichte und Menschen nicht monokausal erklären, aber speziell der deutsche Nationalcharakter scheint doch sehr stark von BSE geprägt zu sein, und das bis weit in die Gegenwart und in alle Teile der Gesellschaft hinein. Nehmen Sie zum Beispiel den Publizisten Johannes Gross, der so schreibt, als leite er die Geschicke der Welt, dabei aber durchaus unter seinem Schreibtisch auf und ab gehen kann. Früher hätte man dieses Phänomen als Cäsarenwahn oder Napoleonkomplex abgetan, aber heute wissen wir mehr.“

Auch über erste Heilungsversuche und -erfolge berichten Meyer und Lang in Spektrum der Wissenschaft: „Da die Seuche von Rindern aus Großbritannien ausging, haben wir genau dort BSE-resistente Rinder gesucht. Dabei stießen wir auf die schottischen Galloway-Rinder, die tatsächlich völlig immun sind. Wir haben eine kleinere Herde Galloways nach Deutschland gebracht und mit ihnen unser erstes Therapiezentrum gegründet. Die Tiere sind äußerst widerstandsfähig und haben die BSE-erkrankten deutschen Patienten problemlos angenommen.

Patient und Rind kommen sich in der Therapie näher

Auch umgekehrt gelang die Kontaktaufnahme, da die zotteligen, kurzbeinigen schottischen Rinder von unseren Patienten als ,kuschelig‘, ,knuffig‘ und ,süß‘ oder, in zubereitetem Zustand, als ,lecker‘, ,schmackhaft‘ oder sogar ,köstlich‘ empfunden werden.

Die Tiere tun den Kranken in jeder Hinsicht gut. Die Göttinger Frauengruppe hat mit Lassos ein Rind eingefangen und lila lackiert. Joschka Fischer hat endlich ein bißchen was auf die Rippen bekommen, und Johannes Gross hat auch schon einmal nicht über sein ,liebes Deutschland‘ gesprochen. Aber es gibt natürlich auch Rückschläge. „Als die beiden ,Wie ich durch ein Rind aus Schottland/ am Ende doch zu mir, zu Gott fand‘ – singend von der Weide zurückkehrten, da wußten wir, daß wir noch einen langen Weg vor uns haben.“ Wiglaf Droste

Mit diesem Beitrag bewirbt sich der Autor um den „Journalistenpreis der Galloway-Züchter“.