: Eins zu vier und vier zu eins
Bei der Quote liegt die Berliner SPD vorne: Sie nominiert vier Frauen und einen Mann für den Senat. Ganz anders dagegen die CDU ■ Aus Berlin Severin Weiland
Am Ende konnte Berlins SPD- Fraktionschef Klaus Böger doch noch das ramponierte Image seiner Partei aufpolieren. Vier der fünf sozialdemokratischen SenatorInnen, die am Dienstag abend von der Fraktion nominiert und heute im Abgeordnetenhaus gewählt werden, sind Frauen. Was die Frauenquote angeht, übertrifft damit die SPD ihren Koalitionspartner CDU bei weitem. Dort ist nur eine Frau unter den fünf CDU- Amtsträgern.
Die Wahl des zehnköpfigen Senats und des Regierenden Bürgermeisters gilt als sicher, obwohl die SPD-Fraktion nicht einheitlich für ihre Kandidaten gestimmt hatte. In der 55köpfigen Fraktion hatte am Dienstag abend der Kreuzberger Bürgermeister Peter Strieder bei seiner Nominierung zum neuen Stadtentwicklungssenator mit nur 36 Ja-Stimmen das schlechteste Ergebnis erzielt. Der Parteilinke, der ursprünglich mit dem von der CDU besetzten Innenressort geliebäugelt hat, ist umstritten. Für ihn hatte Böger den Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholz holen wollen. Dieser sagte jedoch aus familiären Gründen ab.
Am besten schnitt die vor zwei Jahren aus Hamburg nach Berlin geholte Justizsenatorin Lore Maria Peschel Gutzeit ab. Sie erhielt 54 Stimmen.
In sprichwörtlich allerletzter Minute konnte der SPD-Fraktionschef mit der früheren hessischen Ministerin Annette Fugmann-Heesing eine auswärtige Kandidatin für das Finanzressort gewinnen. Sie hatte sich erst 24 Stunden vor der entscheidenden Sitzung von Fraktion und Landesausschuß für ihren Wechsel von der Universität Bielefeld nach Berlin entschieden. Die 41jährige wird auf dem wohl schwierigsten Ressort einen harten Stand haben. Bereits gestern schoß sich eine Boulevardzeitung auf ihre frühere Rolle als Finanzministerin im Kabinett des hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel ein. Wegen der Lottoaffäre war sie 1993 von ihrem Amt zurückgetreten, obwohl sie nicht persönlich in die Affäre involviert gewesen war.
Einen glücklichen Ausgang nahm die Fraktionswahl auch für die frühere SPD-Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer. Die jetzige Sozialsenatorin wechselt ins Schulressort und konnte sich in der einzigen Kampfabstimmung am Dienstag abend mit 28 gegen 21 Stimmen deutlich gegen ihren Konkurrenten, den Landesvorsitzenden Detlef Dzembritzki, durchsetzen. Weiter im Amt bleibt auch Christine Bergmann (Arbeit), die einzige Ostberlinerin unter den SPD-SenatorInnen.
Die CDU-Fraktion hatte bereits am Montag die Riege ihrer Senatoren nominiert. Neben dem bereits seit vergangener Woche feststehenden Exgeneral Jörg Schönbohm als Kandidat für das Innenressort wurde mit Beate Hübner (Gesundheit) ein zweiter Neuling an den Senatstisch gebeten. Die Ostberliner Medizinerin aus Marzahn trat 1981 der Blockpartei CDU in der DDR bei. Sie soll, wie die CDU bei ihrer Nominierung versicherte, dort „keinerlei Funktion“ gehabt haben. Hübner, die seit 1990 dem Abgeordnetenhaus angehört, ist bislang ein unbeschriebenes Blatt.
Auf drei weiteren Posten ließ Eberhard Diepgen, der bei der heutigen Parlamentswahl für die zweite Amtsperiode als Regierender Bürgermeister der Großen Koalition kandidiert, drei altbekannte Gesichter rochieren: Bundes- und Europasenator Peter Radunski übernimmt das Kulturressort, der Exfinanzsenator Elmar Pieroth übernimmt Wirtschaft und Betriebe.
Für das bislang von der SPD gehaltene Bauressort, dessen Amtsinhaber Wolfgang Nagel bei der Kandidatenwahl leer ausging, schlug Diepgen den bisherigen Sportsenator Jürgen Klemann vor. Nicht berücksichtigt wurde der Stadtentwicklungs-Staatssekretär Wolfgang Branoner vom liberalen Flügel der Partei, der ursprünglich als Senator gehandelt worden war.
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