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Krelles Einheit war in Kriegsverbrechen verwickelt

■ Angehörige seiner Waffen-SS-Division erschossen bei Kriegsende Parlamentäre

Im Fall des umstrittenen Ehrendoktors der Humboldt-Universität, Wilhelm Krelle, sind neue Informationen über dessen Zeit in der Waffen-SS aufgetaucht: Demnach hat Krelles Einheit, die 17. Panzergrenadierdivision „Götz von Berlichingen“, gegen Kriegsende in Bayern zumindest ein Kriegsverbrechen begangen. Eine persönliche Beteiligung Krelles wurde allerdings in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Jahre 1968 nicht festgestellt. Krelle hatte trotz seines Dienstes in der Einheit verneint, Mitglied der Waffen-SS gewesen zu sein. Auch erklärte er gegenüber der taz, er sei Ende 1944 vom Heer zur Waffen-SS abkommandiert worden und habe an den Kämpfen um Metz und im Westen Deutschlands teilgenommen. Nach Aussagen der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen“ in Ludwigsburg, die sich mit NS-Verbrechen beschäftigt, läßt sich die Spur der Division „Götz von Berlichingen“ allerdings bis Kriegsende noch weiterverfolgen: Die Einheit habe im Pfälzer Wald gekämpft, erklärte Staatsanwalt Willi Dreßen. Ende April sei die Truppe über Nürnberg nach Oberbayern gelangt. Dort wurden am 30.4. 1945 bei Oberreith zwei Soldaten der Wehrmacht von einer SS-Einheit wegen eines Streits standrechtlich erschossen. Als Täter, die nie ermittelt wurden, komme neben einer anderen SS-Einheit auch die Division „Götz von Berlichingen“ in Frage, meinte Dreßen.

Besser dokumentiert ist ein weiterer Fall: Nach Aussagen der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen“ und des Rechtsanwalts und Heimatforschers Markus Wrda aus Bad Wiessee wurden von Angehörigen der Division „Götz von Berlichingen“ am 3.5. 1945 in Bad Wiessee zwei Parlamentäre hinterrücks erschossen, nachdem sie einen SS-Posten passiert hatten. Sie wollten über die friedliche Übergabe des Tegernseetales an die amerikanische Armee verhandeln. Laut Unterlagen der Zentralstelle wurde unter dem Aktenzeichen 12 Js 1/68 (R) im Jahr 1968 von der Staatsanwaltschaft München II gegen Angehörige der Einheit ermittelt. „Ein Dr. Wilhelm Krelle, Professor, wird in dem Verfahren gegen Georg Bochmann, SS-Oberführer und letzter Kommandant der 17. Panzergrenadierdivision (Götz von Berlichingen) genannt.“ Ob Krelle damals als Zeuge oder als Beschuldigter vernommen wurde, ist bislang unklar. Krelle war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Ermittlungen wurden allerdings eingestellt, ohne daß es zu einem Prozeß kam. „Die Quellenlage aus der Zeit ist ganz schlecht“, meint Dreßen: Belastende Aussagen aus den Reihen der SS habe es nicht gegeben. Bernhard Pötter

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