: „Fall von Wortklauberei“
■ Der entlassene Opern-Geschäftsführer Kohn widerspricht allen Vorwürfen
Mit einer höchst überraschenden Presseerklärung trat der am Montag vom Opern-Aufsichtsrat geschaßte designierte Geschäftsführer der Hamburg Oper Hermann Kohn gestern an die Öffentlichkeit. In dem Schreiben weist er alle Vorwürfe, die angeblich zu dem Vertrauensbruch zwischen ihm und dem Aufsichtsrat geführt hätten, kategorisch zurück. Er habe nie, wie ihm vorgeworfen wurde, den Konkurs seiner Computerfirma im Jahre 1988 verschwiegen.
Wörtlich schreibt Kohn: „Ich habe weder gegenüber Aufsichtsrat noch Kulturbehörde die Unwahrheit gesagt, noch etwas verschwiegen. So benutzte ich in Gesprächen u. a. die Begriffe „Liquidation“ und „Zwangsvergleich“ – letzteres ein Begriff aus der Konkursordnung, der einen Konkurs einschließt.“
Damit wird die Angelegenheit, die den Endpunkt einer wochenlangen Pressekampagne gegen Kohn bildete (taz berichtete), nun endgültig verworren. Denn nachdem die Kultursenatorin Christina Weiss lange zu Kohn gestanden hatte, war sie zuletzt umgeschwenkt und hatte mit dem Hinweis, Kohn habe stets nur von einem Vergleich gesprochen, die Entscheidung des Aufsichtsrates, den Vertrag mit Kohn wieder aufzulösen, mitvertreten.
Von der Kulturbehörde war gestern außer „der Aufsichtsrat hat entschieden“ keine Stellungnahme zu erhalten. Sowohl Kohn als auch die Senatorin weilen inzwischen im Urlaub. Somit bleibt, wenn Kohns Erklärung der Wahrheit entspricht, vorläufig ungeklärt, ob der Aufsichtsrat das psychologische Opfer einer monatelangen Schmutzkampagne geworden ist und womit er eigentlich hintergangen wurde.
Als „Fall von Wortklauberei“ und „falsch, kurzsichtig und perspektivlos“ bezeichnete dann auch der zukünftige Intendant Albin Hänseroth gestern gegenüber der taz die Entscheidung und bestätigte, daß Kohn ihm gegenüber nie ein Zweifel über den Konkurs gelassen hatte. „Scheinbar hat der Aufsichtsrat in seiner Mehrheit die Qualität der Begriffe ,Liquidation' und ,Zwangsvergleich' nicht erkannt“, so Hänseroth weiter. „Zu den Pressemutmaßungen über einen anstehenden Rücktritt sagte er: „Wenn ich mir alles so zu Herzen gehen ließe, wie ich sollte, dann hätte ich schon längst zurücktreten müssen.“ Till Briegleb
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