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... beinahe im Gefängnis

■ Hohe Geldstrafe für den Prügel-Polizisten von der Hauptbahnhof-Wache

Eine „zutiefst menschenverachtende Einstellung“ und offenen „Rassismus“ bescheinigte Amtsrichter Giesler dem Polizeibeamten Mike Schmidt, der im Juni 1993 einen Nigerianer in der Hauptbahnhofwache 11 geschlagen sowie beleidigt und die Mißhandlungen anschließend systematisch vertuscht hatte. „Das Opfer war dem prügelnden Beamten in der Sammelzelle schutzlos ausgeliefert“, resümierte Giesler die Tatumstände. Wegen Körperverletzung im Amt und zweifacher Beleidigung verurteilte der Richter gestern den 32jährigen Beamten zu fünf Monaten ohne Bewährung, die in eine Geldstrafe von 9800 Mark umgewandelt wurden. Die Staatsanwaltschaft hatte lediglich eine dreimonatige Bewährungsstrafe gefordert.

Giesler sah es als erwiesen an, daß Schmidt den Schwarzafrikaner, den er zu Unrecht verdächtigte, Drogen mitzuführen, auf der Wache mindestens einmal geohrfeigt hatte. Zudem soll er ihm das „diskriminierende“ Wort „Nigger“ entgegengeschleudert und ihn – nachdem er ein Kondom in seinen Taschen gefunden hatte – gefragt haben: „Is this for a german girl?“ Giesler: „Damit hat der Angeklagte den Schwarzafrikaner zu einer Kreatur zweiter Klasse gestempelt, die er nicht für würdig hält, einen Sexualkontakt mit einer deutschen Frau auszuüben.“

Zuvor hatte der Polizist Udo M., der ein halbes Jahr dem Einsatzzug Mitte angehörte, ausgesagt, daß sich Schmidt „regelmäßig sehr negativ über Farbige geäußert“ habe. Zwar seien ausländerfeindliche Bemerkungen auf der Hauptbahnhof-Wache „gang und gäbe“ gewesen, der Angeklagte habe sich aber „besonders hervorgetan“.

Neben einem Teilgeständnis von Schmidt wertete Giesler auch die Zustände auf dem Revier als strafmildernd. Die Arbeitsbedingungen seien so gewesen, „daß es fast unmöglich war, sich nicht in ausländerfeindliche Vorurteile zu verstricken“. Von der Polizeiführung wären die Beamten dabei „mit ihren seelischen Konflikten alleingelassen worden“. Marco Carini

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