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Kein Motto, keine Debatte

Können Lesben und Schwule noch tiefer sinken? Der diesjährige Christopher Street Day, der Kampftag der Lesben und Schwulen, hat kein Motto. So nichtssagend die Losungen der letzten Jahre („Farbe bekennen“) auch waren, gar kein Motto zu haben, zeugt doch von einer gedanklichen Leerstelle. Nicht einmal auf die radikalen Homos ist Verlaß: Auch ihnen fiel beim Plenum nichts ein. So lautet das einzige Motto des diesjährigen Christopher Street Day: „Bezahlt wird nicht!“

Nicht einmal mehr um politische Inhalte wird gestritten, sondern ums liebe Geld. Das Ansinnen der Veranstalter, für Wagen Teilnahmegebühren zu erheben, löste eine Revolte aus. Die 15 Wagen des Nassauer- und Schmarotzerblocks fahren nun am Ende des Zuges und scheren zur gesonderten Kundgebung aus.

Anstatt endlich eine konstruktive Auseinandersetzung über das unterschiedliche Politikverständnis von Bürgerrechtlern und linken Homos zu führen, streitet man darüber, wie teuer und professionell oder wie basisdemokratisch eine Demonstration zu sein hat. Dabei könnte die Debatte, ob Lesben und Schwule nur für gleiche Rechte oder auch gegen Rassismus, Sexismus und Sozialabbau auf die Straße gehen sollen, auf beiden Seiten zu neuen Einsichten führen.

Doch wer in dieser Woche eine politische Diskussionsveranstaltung besuchen wollte, mußte mit der Lupe suchen. Die Schwusos diskutierten mit der Finanzsenatorin über die Absicherung der Homo-Projekte, das war's dann schon. Statt dessen können sich die Schwulen jeden Abend auf einem Dutzend Parties tottanzen.

Die Berliner Homo-Gemeinde könnte sich eine dicke Scheibe vom Christopher Street Day der Brandenburger Lesben und Schwulen abschneiden. Die feierten ihren Christopher Street Day Mitte Juni mitten im Cottbusser Stadtfest und verabschiedeten nachmittags einen Forderungskatalog, den sie abends in einer Podiumsrunde mit LandespolitikerInnen diskutierten.

Die Berliner Polit-Homos dagegen verschanzen sich in fruchtlosen Grabenkämpfen. Die Toleranz, die Lesben und Schwule unermüdlich von der Gesellschaft einfordern, bringen sie in ihren eigenen Reihen nicht auf. Da fallen Sätze wie: „Schwule Manager und Soldaten sind meine Feinde.“ Daß wir mit einem solchen Feinddenken nicht weit kommen, liegt auf der Hand. Da könnte man doch glatt mit fliegenden Fahnen zur Love Parade überlaufen. Da heißt es wenigstens: We are one family. Dorothee Winden

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