: Der böse Morgenpost-Journalist ist schuld
■ Ermittlungsverfahren gegen Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge wegen Beleidigung der Anwälte Ströbele und Ehrig endgültig eingestelllt
Selten hat ein Ei so viel Aufsehen erregt wie das, welches der Aktionspolitologe Dieter Kunzelmann auf dem Kopf des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen zerschlug. Augenzeugen des Vorfalls, der Ende vergangenen Jahres bei einem Zeugenauftritt Diepgens vor Gericht geschah, waren unter anderem die Rechtsanwälte Christian Ströbele und Hans-Joachim Ehrig. Wenig später hatte der Generalstaatsanwalt am Landgericht, Hansjürgen Karge, der Morgenpost ein Interview gegeben, in dem er den Anwälten unterstellte, sie hätten Kunzelmann durch „dummes Grinsen“ geistige Unterstützung geleistet.
Dies wollten die Anwälte nicht auf sich sitzenlassen und erstatteten gegen Karge Anzeige wegen Beleidigung und übler Nachrede. Ein Oberstaatsanwalt am Kammergericht stellte das Verfahren jedoch mit der Begründung ein, der Generalstaatsanwalt habe in dem Interview lediglich seine freie Meinung geäußert. Anwalt Ehrig legte daraufhin Beschwerde ein. Karge, so Ehrigs Begründung, habe sich nicht als Privatmann am Stammtisch geäußert, sondern als Generalstaatsanwalt, also als Vertreter des Staates in einer Zeitung mit hoher Auflage. Der Staat habe aber keine Grundrechte, auch keine auf Meinungsfreiheit. Der Staat „könne nur Adressat, nicht Träger von Grundrechten sein“, zitierte Ehrig aus einem Kommentar zum Presserecht.
Die Beschwerde wurde jetzt als unbegründet zurückgewiesen. In dem Schreiben stellte der zuständige Staatsanwalt fest, Karge habe sich zu dem Geschehen „nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern als Privatmann geäußert“. Außerdem habe der Beschuldigte Karge erklärt, das Interview habe wörtlich nicht so stattgefunden, wie es abgedruckt worden sei. Es stelle eine Zusammenfassung seiner Äußerungen durch den Journalisten dar, wobei der Eindruck erweckt wurde, er hätte diese Sätze so gesagt. Tatsächlich habe es sich um „eigene Formulierungen des Journalisten gehandelt“. Zur Information: Das Interview in der Morgenpost ist dick und fett als Gespräch mit dem Generalstaatsanwalt ausgewiesen. Plutonia Plarre
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