Proteste in Nablus nach Foltertod

■ 500 Menschen demonstrieren gegen den palästinensischen Sicherheitsdienst, nachdem ein Häftling nach einem Polizeiverhör starb. Der Tote soll Mitglied der militanten Fatah-Falken gewesen sein

Nablus/Jerusalem (AFP/ dpa/AP) – Nach dem gewaltsamen Tod eines Häftlings haben mehrere hundert Palästinenser im Westjordanland gegen die palästinensischen Sicherheitskräfte protestiert. Rund 500 Demonstranten kritisierten gestern vor dem Gebäude des Sicherheitsdienstes in Nablus das Vorgehen der Behörde, die sie für den Tod des Häftlings verantwortlich machten. Die meisten Geschäfte im Stadtzentrum blieben geschlossen.

Der 28jährige Mahmud al- Dschamil war am Mittwoch seinen Verletzungen erlegen, nachdem er in einem Gefängnis in Nablus vermutlich von palästinensischen Sicherheitsbeamten schwer mißhandelt worden war. Er galt als ein populärer lokaler Führer, der der militanten Organisation Fatah-Falken angehört haben soll, die seit Jahren in Nablus gewalttätige Auseinandersetzungen mit den Israelis und der palästinensischen Polizei führt.

Dschamil war am 18. Dezember letzten Jahres von palästinensischen Sicherheitskräften festgenommen worden, als diese eine Razzia gegen die Fatah-Falken durchführten. Ihm war vorgeworfen worden, Mitglied einer Gruppe zu sein, die Selbstjustiz übt. Die Gruppe soll im vergangenen Jahr mehrere Palästinenser getötet haben, denen sie Vergehen gegen die öffentliche Moral oder Kollaboration mit Israel vorwarfen.

Nach längerer Haft war Dschamil am vergangenen Freitag zum Verhör in ein Gefängnis nach Nablus gebracht worden. Wie sein Anwalt mitteilte, wurde er anschließend mit schweren Verletzungen, die offensichtlich von Schlägen stammten, ins Krankenhaus von Ramallah eingeliefert. Von dort wurde er am Mittwoch in das israelische Krankenhauses Hadassah Ejin Karem in Jerusalem gebracht. Die Ärzte bestätigten gestern den Tod al-Dschamils. Ihren Berichten zufolge hatte Dschamil einen Schädelbruch und Gehirnblutungen erlitten. Ein Reporter berichtete, der Körper des Toten habe auch Brandwunden von Zigaretten und Striemen von Peitschenhieben aufgewiesen.

Nach Angaben palästinensischer Menschenrechtsorganisationen war keine offizielle Anklage gegen ihn erhoben worden. Die drei Beamten, die Dschamil verhört hatten, wurden unterdessen festgenommen.

Seit Beginn der palästinensischen Selbstverwaltung im Mai 1994 starben insgesamt sieben Häftlinge in palästinensischen Gefängnissen. Die fundamentalistische Hamas-Bewegung bezeichnete in einem Flugblatt den Getöteten als „neues Opfer des Terrors der Autonomieverwaltung“ und forderte eine Verurteilung der Verantwortlichen.