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Mogelpackung statt Müllsteuer

■ Bei ihren Protesten gegen die Verpackungssteuer stützt sich die IHK lediglich auf negative Erfahrungen aus Düsseldorf. Positive Ergebnisse anderer Großstädte unterschlagen. Senat will im Herbst entscheiden

Der Widerstand der Industrie- und Handelskammer (IHK) gegen die von Umweltsenator Peter Strieder (SPD) geplante Einführung einer Verpackungssteuer steht auf tönernen Füßen. Die Behauptung des Interessenverbandes, die Verwaltungskosten würden die erwarteten Einnahmen um das Doppelte übersteigen, steht in krassem Gegensatz zu Erfahrungen in anderen Großstädten.

Um ihren „energischen Widerstand“ gegen Strieders Pläne zu begründen, beruft sich die IHK ausschließlich auf eine Kalkulation der Stadt Düsseldorf, andere Großstädte läßt sie unberücksichtigt. Während die Rheimmetropole wegen der hohen Kosten von vornherein auf die Einführung der Steuer verzichtete, fällt die Bilanz in anderen Städten – wie Frankfurt am Main oder Dresden – weitaus positiver aus.

In Frankfurt am Main, wo die Verpackungssteuer seit dem 1. Januar 1995 erhoben wird, betragen die Verwaltungskosten nur drei bis fünf Prozent des Steueraufkommens. 2 Millionen Mark nahm der Stadtkämmerer im ersten Jahr ein. Für 1996 werden wegen der verringerten Menge von Verpackungsabfällen nur noch 1,5 Millionen Mark erwartet. Rechnet man die Frankfurter Zahlen auf Berlin hoch, ergäben sich in der Einführungsphase Steuereinnahmen von 10 Millionen Mark, so die Kalkulation der Senatsumweltverwaltung. Dem stünden Verwaltungskosten von schätzungsweise 2,3 Millionen Mark im ersten Jahr und 2 Millionen Mark in den Folgejahren gegenüber. In Dresden, wo die Verpackungssteuer seit dem 1. Juli 1995 gilt, hält Finanzstadtrat Josef Höß die Höhe der Verwaltungskosten für „durchaus vertretbar“. Die Erfahrungen werden zum Jahresende ausgewertet.

In Berlin sollen in einem drei bis vierjährigen Modellversuch künftig Imbißbudenbesitzer, Fast-food- Ketten sowie Veranstalter von Konzerten und Straßenfesten zur Müllvermeidung angehalten werden. Der Verwaltungsaufwand, der mit der Verpackungssteuer verbunden wäre, wird in der Umweltverwaltung geprüft. Sollte der Senat im Herbst grünes Licht geben, würden Plastikgeschirr und Einwegdosen mit 50 Pfennig, Pappbecher und -teller mit 40 und Kunststoffbestecke mit 20 Pfennig besteuert werden.

Wird der Modellversuch in Berlin umgesetzt, wäre ein langgehegter Wunsch der Opposition endlich Wirklichkeit. Im Gegensatz zu Strieder halten die Bündnisgrünen sogar weit höhere Einnnahmen als 10 Millionen Mark pro Jahr für möglich. Judith Demba, umweltpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, rechnet für Berlin mit 25 Millionen Mark. Wenn der Einwegmüll abnehme, werde sich dieser Betrag jedoch kontinuierlich verringern. Die Bündnisgrünen hatten bereits im Frühjahr dieses Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus eingebracht.

Die Steuereintreibung und -überwachung ist jedoch nicht ohne Tücken, wie das Beispiel Dresden zeigt: Dort verschickt das Steueramt eine „Verpackungssteuererklärung“, die Imbißbetreiber tragen am Quartalsende die Menge der steuerpflichtigen Einwegprodukte ein, die über den Verkaufstresen gingen. Andernfalls kann die Steuerbehörde die Höhe der Steuer schätzen.

Wer kompostierbares Einweggeschirr verwendet und dies vor Ort zurücknimmt, kann eine Steuerbefreiung beantragen. Der Gastronom muß allerdings nachweisen können, daß die Pappteller auch tatsächlich auf dem Kompost landen. Auch wer Kunststoffverpackungen verwendet, die vom Dualen System Deutschland verwertet werden, kann sich nicht völlig um die Verpackungssteuer drücken. Weil das Duale System höchstens 80 Prozent der Stoffe wiederverwertet, sind in Dresden nur vier von fünf Verpackungen steuerfrei.

Die Berliner Bündnisgrünen wollen allerdings solche Ausnahmen nicht gelten lassen – und die Umweltverwaltung hält sich eine Entscheidung über eine solche Ausnahmeregelung noch offen. Dorothee Winden

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