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CDU-Rechte gegen CDU-Türken

■ In der CDU ist ein Streit um das Mitspracherecht der neugegründeten Deutsch-Türkischen Union ausgebrochen

Die Deutsch-Türkische Union (DTU) ist in Teilen der CDU ein ungeliebtes Kind. Gegen den im März von deutschen und türkischstämmigen Christdemokraten gegründeten Verein holt die CDU- Rechte um den Parlamentarischen Geschäftsführer Dieter Hapel und den Baustaatssekretär Ingo Schmitt zum Gegenschlag aus. Ein von ihnen und fünf weiteren Parteimitgliedern eingebrachter Antrag, der sich explizit gegen die DTU ausspricht, soll in knapp zwei Wochen im Landesausschuß beraten werden.

In dem Papier heißt es, die CDU Berlin lehne „eigenständige Strukturen für ethnische Minderheiten“ wie etwa die DTU ab. „Wohlwollend“ wollen die Antragsteller die Einrichtung eines allen Ausländern offenstehenden „Integrationsforums“ durch den Landesvorstand prüfen lassen.

DTU-Vorsitzender Ertugrul Uzun wirft den Initiatoren des Antrags „Scheinheiligkeit“ vor. Er frage sich, wo „diese Herren denn all die Jahre waren“. Plötzlich werde ein „Integrationsforum“ vorgeschlagen, „obwohl die Antragsteller es noch nicht einmal für nötig befunden haben, mit uns als DTU zu sprechen und sich über unsere Ziele zu informieren“. Die Umbenennung in ein „Integrationsforum“ hält Uzun für „psychologisch falsch“. Das gehe „gefühlsmäßig“ an der türkischen Bevölkerungsgruppe in Berlin vorbei. Der 28jährige Diplompolitologe, der als Selbständiger derzeit geschäftlich in Istanbul unterwegs ist, ist sich sicher, daß der Antrag auf dem Landesausschuß, dem höchsten Gremium zwischen den Parteitagen, abgeschmettert wird. Dies sei ihm von einem „führenden Mitglied“ signalisiert worden. Die CDU werde „klug genug sein, die Chance der Integration von Türken zu nutzen“, hofft er.

Der Antrag von Hapel und Schmitt ist für Uzun Ausdruck der Verunsicherung von Teilen der Partei. Die DTU (rund 70 Mitglieder), maßgeblich von liberalen Kräften in der CDU um die Staatssekretäre Peter Kurth (Finanzen) und Wolfgang Branoner (Wirtschaft) initiiert, soll türkische Wähler an die Partei heranführen.

Offenbar wollten die Antragsteller „prophylaktisch“ der Forderung der DTU nach stärkeren Mitwirkungsrechten begegnen. Langfristig strebt der Verein die Umwandlung in ein parteiinternes Forum an, womit die DTU nach der CDU-Satzung unter anderem Antragsrecht auf dem Landesparteitag und -ausschuß hätte. Uzun hält die Frage eines „Forums“ – von denen es derzeit 15 im Landesverband gibt – derzeit zwar für „zweitrangig“. Das Ziel aber behalte man weiter im Auge. Mit der DTU als Forum, so Uzun, würde die Partei signalisieren, daß sie es „ernst meint mit ihrem Anliegen, auf türkische Bürger zuzugehen“.

Von einer solcher Aufwertung hält der Landesverband zur Zeit aber nichts. Sprecher Matthias Wambach betont, schon im Vorfeld der DTU-Gründung habe Generalsekretär Gerhard Lawrentz es abgelehnt, der DTU den Status eines Forums zu verleihen.

Anfang Juni schaltete sich der Landesvorstand in den Konflikt ein: Die „Aktivitäten“ der DTU wurden in einem Beschluß „mit Wohlwollen“ zur Kenntnis genommen, zugleich aber die Forderung nach einem Forum vom höchsten Parteigremium ausgeklammert. Elegant wurde das strittige Thema durch die Formulierung umgangen, bei der DTU handele es sich „aus Sicht des Landesvorstandes“ um einen „eigenständigen Verein“, der sich aus CDU-Mitgliedern deutscher und türkischer Herkunft zusammensetzt. Ansonsten mogelt sich die Spitze mit einem Vorschlag aus dem Konflikt heraus, den auch Hapel und Schmitt in ihrem Antrag formulierten: Für Parteiarbeit, so Sprecher Wambach, blieben immer noch die Orts- und Kreisverbände. Und schließlich hätten Uzuns Stellvertreter, Finanzstaatssekretär Peter Kurth und der Europaabgeordnete Peter Kittelmann, ohnehin jederzeit Antrags- und Rederecht auf Landesparteitagen und -ausschüssen. Severin Weiland

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