: Testfall Mostar: ein Flop
■ Auch die nächsten Wahlen in Bosnien werden undemokratisch ablaufen
Die Kommunalwahl von Mostar, die die kroatische Seite nicht akzeptieren will, hatte von vorneherein etliche Fehler – allerdings nicht jene, die die Kroaten jetzt kritisieren. Denn nur um den Wahlprozeß in Gang zu setzen, haben die internationalen Organisationen darüber hinweggesehen, daß die Voraussetzungen dafür gar nicht gegeben waren: In Mostar war weder die Bewegungsfreiheit für die Kandidaten noch jene für die lokale Presse gewährleistet. Die Pressefreiheit und der faire Wettbewerb der Parteien waren eingeschränkt. Gewählt wurde trotzdem.
Dies ist eigentlich der Skandal der Wahlen von Mostar. Und nicht die 26 Stimmen, die in Bonn überzählig in der Urne lagen. Wenn die kroatische Nationalpartei HDZ jetzt diese 26 Stimmen zum Anlaß nimmt, die Ergebnisse der Wahlen zu negieren, will sie lediglich dafür sorgen, daß ihr Herrschaftsbereich auch nach den knapp verlorenen Wahlen nicht angetastet wird. Nach dem Motto: Dies ist unser Land, Mehrheitsentscheidungen werden nicht akzeptiert.
Auch andere Teile des Abkommens von Dayton werden nicht umgesetzt. So warten die Vertriebenen bisher vergeblich darauf, in ihre angestammte Heimat zurückgelassen zu werden. Nicht nur die kroatischen, auch die muslimischen Behörden spielen hier falsch. Die sogenannte kroatisch- bosniakische Föderation existiert nur auf dem Papier – trotz aller gegenteiliger Erklärungen.
Offensichtlich wird in Mostar vorgeführt, wie einfach es ist, die Ergebnisse selbst dieser (Schein-) Wahlen zu unterlaufen. Und dies ist für die nationalistischen Führungen der Kroaten, Serben oder Muslime ein Lehrstück. Die nächsten Wahlen am 14. September, auf die nun jeder starrt, als seien sie das Allheilmittel für Bosnien-Herzegowina, haben in deren Augen nur den Zweck, die eigene Position zu halten oder zu verbessern. Wenn dies nicht geschieht, werden die Wahlen kurzerhand nicht anerkannt. Spannungen zu erzeugen, gehört zudem zum Wahlkampf. Damit können die eigenen Reihen geschlossen gehalten werden. Welcher bosnische Kroate in Mostar könnte sich jetzt gegen die eigene Führung stellen? Dies kann lediglich der kroatische Präsident Tudjman tun. Und der ist für Kosmetik immer gut.
Erich Rathfelder, Split
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