: Wechselstube für die Bosse
■ Grundsteinlegung für die neue Zentrale der Dresdner Bank am Pariser Platz. Finanzielle Drehscheibe zwischen Ost- und Westeuropa. Fertigstellung Ende 1997
Für die Bosse der Dresdner Bank bleibt die Aussicht auf einen erstklassigen Arbeitsplatz. Für junge Banklehrlinge dagegen wird der Einstieg in die Geldinstitute immer schwieriger. „Prüfen Sie, ob es nicht doch möglich ist, noch ein paar mehr Lehrlinge einzustellen. Die jungen Leute fallen sonst ins Nichts“, sagte gestern der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen bei der Grundsteinlegung für die neue Zentrale der Dresdner Bank am Pariser Platz. Und fast beschwörend – mit Blick auf die „schlechte Lage“ auf dem Ausbildungsmarkt – fügte er hinzu: „Schon ein, zwei zusätzliche Einstellungen bringen doch was.“ Ist der Regierende mit der Wirtschaft fertig?
Das neue Hauptquartier der Dresdner Bank auf der Nordseite des Pariser Platzes indessen wird keine Ausbildungsschmiede, sondern ein repräsentatives Bankhaus werden. Nach den Plänen des Hamburger Architekten Meinhard von Gerkan sollen rund 200 Banker samt Vorstand auf 3.300 Quadratmeter Bürofläche arbeiten. Die Räume ordnete Gerkan rund um einen 30 Meter tiefen Lichthof. Die große Halle soll von einem Glasdach überspannt werden und neben der Erschließung auch als Ausstellungsraum dienen.
Bei der Fassade – der große Streitpunkt für die Gebäude am Pariser Platz – hat sich von Gerkan zu keinem faulen, historisierenden Kompromiß hinreißen lassen. Die Platzseite ist zwar mit hellem, getöntem Sandstein verkleidet, und der neueste Entwurf plaziert als Reminiszenz an die Geschichte einen Balkon über dem Eingang. Zeitgemäß erscheint das vierstöckige Haus aber dennoch durch eine schlichte und sachliche Struktur, lineare Bänder, High-Tech- Rollos und eine asymmetrische Rampe. „Wir wollten das Haus nicht historisch verkleiden“, sagte von Gerkan. Der Entwurf für das rund 150 Millionen Mark teure Bauwerk spiegelt „den Dialog zwischen Geschichte und Moderne“ wider.
Geht alles nach Plan, dann wird das Gebäude im Herbst 1997 bezugsfertig sein und der Dresdner Bank als finanzielle „Drehscheibe“ zwischen Ost und Westeuropa dienen, wie Vorstandssprecher Jürgen Sarrazin tönte. Sarrazin erinnerte bei der Grundsteinlegung daran, daß das Bankhaus bereits 1881 seine erste Filiale in der Behrenstraße im Bezirk Mitte eröffnet hatte und diese drei Jahre später zur Zentrale ausbaute. Das alte Haus, das heute vom Bund beansprucht wird, wolle die Bank jedoch wieder in ihren Besitz nehmen, so Sarrazin. Die Dresdner Bank investierte seit dem Fall der Mauer für Neubauten in Berlin rund 1,2 Milliarden Mark. Rolf Lautenschläger
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