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Papier ist geduldig

■ Das Völkerrecht gegen sexuelle Gewalt im Krieg wird bisher kaum umgesetzt

Spätestens seit 1949 die Genfer Konventionen verabschiedet wurden, existieren ausreichende Völkerrechtsnormen, mit deren Hilfe sich der Einsatz sexueller Gewalt als Kriegswaffe erheblich eindämmen ließe – entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt. Die 4. Genfer Konvention „Zum Schutz von Zivilisten im Krieg“ gilt für „alle Personen, die sich während eines Konflikts oder einer Besatzung in den Händen einer Konfliktpartei oder Besatzungsmacht befinden, deren Nationalität sie nicht angehören“. Das 1. Zusatzprotokoll von 1977 erweitert die Gültigkeit auf alle Formen innerstaatlicher Konflikte. Laut Artikel 27 der Konvention „sollen Frauen ganz besonders geschützt werden vor Attacken auf ihre Ehre, insbesondere gegen Vergewaltigung, erzwungene Prostitution oder jede andere Form von anzüglichen Angriffen“. Artikel 147 definiert „schwere Verstöße“ gegen die Konvention: „Mord, Folter und unmenschliche Behandlung ... sowie alle Handlungen, mit denen absichtsvoll großes Leiden oder schwere Verletzungen von Körper und Gesundheit bewirkt werden“. In der Völkerrechtslehre ist seit langem unumstritten, daß sexuelle Gewalt unter diese Definition der 4. Genfer Konvention fällt. Zunehmende Einigkeit herrscht auch darüber, daß derartige Verbrechen „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ darstellen entsprechend der Definitionen in der Charta des Nürnberger Gerichtshofes. Und die wurde durch Resolution 95 der UNO-Generalversammlung vom 11. Dezember 1946 ausdrücklich bekräftigt.

Ein Verbot dieser Verbrechen läßt sich auch ableiten aus der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ sowie aus den drei UNO-Konventionen „Zur Beseitigung aller Formen von Frauendiskriminierung“, „Gegen Sklaverei, Knechtschaft, Zwangsarbeit und ähnliche Praktiken“ und zur Sicherung „Ziviler und Politischer Rechte“. Die Abschlußerklärungen der UNO-Menschenrechtskonferenz von 1993 sowie der Weltfrauenkonferenz 1995 brandmarken Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt ausdrücklich als Verstoß gegen das Völkerrecht und als Kriegsverbrechen. Derartige Verbrechen sollten entschiedener untersucht, die Täter bestraft und die Frauen entschädigt werden, um künftige Verbrechen zu verhindern. Doch hierzu sind die nach wie vor männlich dominierten nationalen Regierungen und internationalen Organisationen weiterhin kaum bereit. Ob die Anklage und Verhandlung sexueller Gewaltverbrechen vor dem Internationalen Tribunal in Den Haag nur eine Ausnahme bleibt, die diese Regel bestätigt, muß sich noch zeigen. Die Halbherzigkeit der Regierungen und Behörden in Deutschland und anderen europäischen Aufnahmeländern beim Schutz bosnischer ZeugInnen ist jedenfalls kein gutes Zeichen.

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