■ Gastkommentar
: ... kann er haben!

„In einigen Räumen wurden Müll und Exkremente gefunden (...) Die Grundstücke entwickeln sich ähnlich wie die aufgelösten Wagenburgen an der East Side Gallery immer mehr zu Müllkippen.“ (Schönbohm zur Räumung der Marchstraße)

Berlin muß hauptstadtgerecht werden. Das heißt für CDU- Fraktionschef Landowksy vor allem Sauberkeit und Ordnung. Im weltweiten Standortwettbewerb will er den Kampf mit Singapur aufnehmen, wo Sprayer gleich in den Knast kommen und das Wegwerfen einer Zigarettenkippe unter Strafe steht. Die Vollstreckungsvollmacht hat sein General vom Fehrbelliner Platz. Die Stadt gehöre nicht mehr Berlin allein, sondern „repräsentiert auch unseren Staat in der Weltöffentlichkeit“, so der Innensenator. Stadtpolitik ist also fürderhin Staatspolitik. Für solch gewichtige hoheitlichen Aufgaben ist am besten ein Mann mit militärischer Gesinnung geeignet. Probleme werden nicht politisch, sondern militärisch gelöst. Der Müll in der Marchstraße ist ein Witz gegenüber den Schuttbergen der niedergemachten Ostberliner Fabriken. Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit von bis zu 25 Prozent in den Kiezen, „Sklavenhaltung“ auf den Bauplätzen werden so lange ignoriert, bis die Menschen sich anfangen zu wehren. Dann aber Knüppel frei! Das ist keine Stadtpolitik, sondern ein Feldzug, den uns Schönbohm vorführt.

Es ist überaus deutlich, daß die Linke den von Schönbohm hingeworfenen Fehdehandschuh nur mit List und Tücke aufnehmen kann. Anders als zu den Hochzeiten der Besetzerbewegung können wir nicht mit Massendemonstrationen dem Senat und den Bullen klarmachen, daß sie nicht ungestraft schalten und walten können, wie sie wollen. Dafür sind wir derzeit zu schwach. Die NOlympia-Bewegung und die Aktionen gegen die Rekrutenvereidigung und den Papstbesuch haben deutlich gemacht, daß unsere heutige Stärke eher in der Imagebeschmutzung „ihrer“ Hauptstadt liegt. Wenn Landowksy Sauberkeit und Ordnung will und Schönbohm sich als Feldmarschall gebärdet, müssen wir sie da ärgern und angreifen, wo sie verwundbar sind. Dazu bedarf es immer wieder Kreativität und Phantasie, gemischt mit viel List und Heimtücke. Ernst Schmutzfing

Der Autor ist langjähriger autonomer Aktivist