: Suharto hat seinen kommunistischen Feind gefunden
■ 27jähriger Vorsitzender einer indonesischen 200-Personen-Partei verhaftet
Bangkok (taz) – Zwei Wochen konnte sich Indonesiens meistgesuchter Regimekritiker, Budiman Judjatmiko, vor Polizei und Militär verstecken. Kurz nach Mitternacht wurde er gestern zusammen mit vier weiteren Dissidenten in der Nähe von Jakarta verhaftet.
Nach den heftigen Unruhen in der indonesischen Hauptstadt Ende Juli hatte die Regierung erklärt, eine Handvoll „Kommunisten“ und „Verräter“ wollten die Regierung stürzen. Ganz oben auf die Liste der gesuchten „Drahtzieher“ setzten die Behörden Budiman. Der bis dahin wenig bekannte 27jährige ist Vorsitzender einer linken Organisation mit kaum 200 Mitgliedern, die sich Demokratische Volkspartei (PRD) nennt und seit zwei Jahren aktiv ist. Die Gruppe hat in den vergangenen Monaten mehrere Arbeiterstreiks und Studentendemonstrationen organisiert. Präsident Suharto bezichtigte Budiman daher des „Verrats“.
Zahlreiche Bürgerrechtler und Arbeiteraktivisten sind in den letzten Tagen festgenommen worden. Am Wochenende kündigte Polizeichef Dibyo Wodoya an, über 120 Verdächtige würden „in Kürze“ für ihre Beteiligung an den Unruhen vor Gericht gestellt.
Am 27. Juli waren in Jakarta Regierungsgebäude und Geschäftshäuser in Flammen aufgegangen, als rund 10.000 Demonstranten ihrem Unmut über die Politik des diktatorisch herrschenden Suharto Luft machten. Auslöser: die gewaltsame Räumung des Hauptquartiers der Demokratischen Partei Indonesiens (PDI) von Anhängern der Suharto-Herausforderin Megawati Sukarnoputri.
Die Tochter des Staatsgründers Sukarno hatte mit ihrer Forderung nach mehr Demokratie den Zorn des 75jährigen Präsidenten herausgefordert, der sie von ihrem Amt als PDI-Vorsitzende absetzen ließ. Obwohl sie und ihre Partei nur sehr gemäßigte Reformen anstreben, wurde Megawati in kurzer Zeit zur Symbolfigur einer neuen und breiten Oppositonsbewegung.
Suharto, der seit 30 Jahren mit Hilfe des Militärs herrscht, nahm die Unruhen jedoch keineswegs zum Anlaß, auf die wachsende Kritik an der Korruption und skrupellosen Bereicherung seiner Regierung und seiner Familile zu antworten.
Offenbar will er auch Megawati nicht direkt angreifen, da dies ihre Popularität nur noch stärken würde. Deshalb erklärten die Behörden, die Demokratische Partei Megawatis sei von kommunistischen Frontorganisationen infiltriert worden. Eine solche sei die Gruppe des gestern verhafteten Budiman. Indonesische Bürgerrechtler meinen dagegen, die Regierung suche einen Sündenbock.
Unterdessen hält Megawati, die am Donnerstag sechs Stunden von der Polizei verhört wurde, an ihrer Strategie fest, auf dem Gerichtsweg gegen die Politik Suhartos vorzugehen. Sie hat mehrere Klagen eingereicht oder angekündigt: gegen ihre manipulierte Absetzung als PDI-Vorsitzende, gegen die gewaltsame Räumung des Parteizentrums und gegen den jetzigen PDI- Chef. Der erste Gerichtstermin mußte allerdings verschoben werden: Der Richter, der über die Zulassung ihrer Klage entscheiden sollte, bekam urplötzlich Zahnschmerzen. Jutta Lietsch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen