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Erbakan brüskiert Bill Clinton

■ Der neue türkische Ministerpräsident unterzeichnet in Teheran einen Milliardenvertrag über ein Erdgasgeschäft

Teheran/Berlin (AFP/rtr/taz) – Ungeachtet von US-Sanktionsdrohungen hat die Türkei gestern mit dem Iran einen Vertrag über iranische Gaslieferungen geschlossen. Das Geschäftsvolumen des Abkommens, das der türkische Ministerpräsident Necmettin Erbakan und der iranische Ölminister Gholamresa Aghasadeh gestern in Teheran unterzeichneten, beträgt umgerechnet fast 30 Milliarden Mark. Aghasadeh sagte, der Vertrag mit einer Laufzeit von 22 Jahren werde dem Iran jährlich bis zu einer Milliarde US-Dollar einbringen. Von 1999 an sollen zunächst vier Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr geliefert werden, später zehn Milliarden. Vor seiner Weiterreise nach Pakistan kündigte Erbakan an, beide Länder wollten ihre Handelsbeziehungen „sehr schnell“ ausbauen.

Der Besuch in Iran war die erste offizielle Auslandsreise des neuen islamistischen türkischen Regierungschefs. Die USA hatten den Nato-Partner Türkei gewarnt, der Iran müsse isoliert werden. Vor einer Woche hatte US-Präsident Bill Clinton das sogenannte Amato- Gesetz unterzeichnet, das allen Ländern Sanktionen androht, die im Iran oder in Libyen investiere. Die US-Regierung verdächtigt die Führungen beider Länder, den internationalen Terrorismus zu unterstützen. Deshalb sollen Sanktionen gegen Unternehmen verhängt werden, die mehr als 40 Millionen Dollar in den Öl- oder Gassektor Irans oder Libyens investieren.

Die türkische Regierung argumentiert dagegen, bei dem Gasgeschäft handele es sich nicht um Investitionen, sondern um bilateralen Handel. Daher falle der Vertrag nicht unter das Amato-Gesetz. Auch der für die Lieferungen geplante Bau einer Pipeline sei von dem Gesetz nicht berührt.

Durch das neue Abkommen wird der Iran für die Türkei zum zweitgrößten Erdgaslieferanten nach Rußland. Die Türkei hatte schon seit längerem versucht, ihre Abhängigkeit von den russischen Gaslieferungen zu verringern. Verhandlungen mit dem Iran über Erdgaslieferungen würden schon seit Anfang der 70er Jahre geführt, hieß es in Ankara. Bisher habe die iranische Führung aber immer gezögert. Nach Einschätzung von Experten hat das US-Sanktionsgesetz den Abschluß erleichtert, weil Iran eine vollkommene wirtschaftliche Isolation fürchtet und schnell handeln mußte. Ankara und Teheran wollen zudem ihrer gegenseitigen Geschäfte von derzeit 960 Millionen Dollar jährlich auf ein Handelsvolumen von 2,5 Milliarden Dollar ausbauen. Außer dem Erdgasabkommen schlossen beide Länder weitere Verträge, etwa für den Verkehrssektor sowie Zollabkommen.

Bereits am Sonntag hatten beide Seiten angekündigt, künftig enger militärisch zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit soll sich vor allem gegen die von iranischem Territorium aus agierenden Kämpfer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) richten. Irans geistlicher Führer Ali Chamenei forderte unterdessen von Erbakan, die Türkei solle ihre militärische Kooperation mit Israel beenden. Die beiden Staaten haben seit Februar ein Militärabkommen, daß unter anderem israelischen Kampfflugzeugen erlaubt, in den türkischem Luftraum einzudringen. Über ein weiteres Abkommen zur Modernisierung der türkischen Luftwaffe wird gerade verhandelt.

Erbakan reiste gestern weiter nach Pakistan. Anschließend will er noch Singapur, Malaysia und Indonesien besuchen. Bisher hatten neugewählte türkische Regierungschefs ihre erste Auslandsreise immer in ein westliches Land unternommen.

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