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Tariflohn statt Sozialhilfe

■ Neues Modell in Hagen: Wer SozialhilfeempfängerInnen einstellt, bekommt die Lohnnebenkosten von der Stadt

Hagen (taz) – Die Idee ist neu. Arbeitgeber, die bereit sind, einen arbeitslosen Sozialhilfeempfänger zusätzlich einzustellen, erhalten in Hagen ab sofort sämtliche Lohnnebenkosten für längstens ein Jahr von der Stadt zurück.

Gefördert werden Unternehmen, die ihre Leute „tarifgerecht bzw. in ortsüblicher Höhe“ entlohnen. Wettbewerbsrechtliche Probleme fürchtet die Stadt mit Blick auf das novellierte Sozialhilfegesetz, das solche Zuschüsse ausdrücklich zuläßt, nicht. Auf Wohlwollen stieß das nur für Sozialhilfeempfänger ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld oder -hilfe geltende Angebot bei der örtlichen Industrie- und Handelskammer (IHK). Deren Sprecher Hans-Peter Rapp- Frick „begrüßte“ die Initiative „als richtigen Ansatzpunkt“, um zusätzliche Beschäftigungschancen zu erschließen.

Hagens Sozialdezernent Hans- Rüdiger Voßmann wartet nun „gespannt“ auf die ersten Angebote, denn „die Arbeitgeber nennen die hohen Lohnnebenkosten doch immer als einen Hauptgrund für die hohe Arbeitslosigkeit“. Dieser „Hauptgrund“ falle in Hagen für eine Gruppe von rund 1.500 Personen nun komplett weg. Neben allen Sozialversicherungsbeiträgen übernimmt die Stadt als Starthilfe im ersten Jahr auch die Ausgaben für Arbeitskleidung, die Beiträge zur Vermögensbildung und die Fahrtkosten. Mit sozialen Wohltaten haben diese Zusagen indes wenig gemein. Es geht auch ums Sparen. Langfristig erwartet Voßmann eine Entlastung des Stadtsäckels. Kurzfristig hält er sein Modell für „kostenneutral“.

Ob die Unternehmen auf die Hagener Initiative tatsächlich anspringen, steht dahin. Wer Langzeitarbeitslose einstellen will, findet anderswo weitaus günstigere Förderungsmöglichkeiten. Für Personen, die länger als drei Jahre arbeitslos waren, zahlt etwa die Bundesanstalt für Arbeit während des ersten Jahrs schon jetzt den größten Teil des Lohns als Zuschuß: im ersten Halbjahr 80 Prozent, im zweiten Halbjahr 60 Prozent. Bis 1999 stellt die Bundesregierung dafür drei Milliarden Mark zur Verfügung.

Und das soeben in NRW von den Landtagsfraktionen der SPD und der Bündnisgrünen vorgestellte Förderprogramm für „Soziale Wirtschaftsbetriebe“, für das in den nächsten fünf Jahren 125 Millionen Mark zur Verfügung stehen, geht noch einen Schritt weiter. Im ersten Jahr trägt das Land 100 Prozent der Lohnkosten; im zweiten bis fünften Jahr vermindert sich der Betrag um jeweils zehn Prozent. Nach fünf Jahren sollen die Betriebe ohne Zuschüsse auskommen. 1.000 Arbeitsplätze für besonders schwer vermittelbare Arbeitslose hofft man in Düsseldorf durch dieses Programm schaffen zu können. Gut 100.000 Mark Förderung pro Arbeitsplatz! Ein extrem teures Programm, auf dessen Segnungen nur wenige der rund 300.000 Langzeitarbeitslosen in NRW hoffen dürfen.

Daß sich auch mit weniger Geld größere Effekte erzielen lassen, zeigt ein von Bund und dem Land NRW gefördertes Projekt zur „sozialverträglichen“ Zeitarbeit. Die vor einem Jahr gegründete „Start Zeitarbeit NRW GmbH“ hat inszwischen über 1.600 zuvor zum Teil langjährig arbeitslose Personen eingestellt und diese zeitlich befristet an andere Unternehmen vermittelt. Im Gegensatz zu kommerziellen Leihunternehmen sorgt „Start“ dafür, daß ihre Angestellten nach den in den Entleihbetrieben geltenden Tarifverträgen entlohnt und in verleihfreien Zeiten weiterqualifiziert werden. Als Anschubfinanzierung haben Bund und Land knapp acht Millionen Mark zur Verfügung gestellt, die Hälfte davon als Darlehen.

Ein probates Mittel gegen die Massenarbeitslosigkeit bieten indes auch die erfolgreichsten Förderprogramme nicht. Daß weiß auch Sozialdezernent Voßmann, „aber die Not in den Städten ist so riesig groß, daß wir einfach alles probieren müssen“. Statt wohlfeilen Worten erwartet er von den Unternehmern nun „ein konkretes Echo in Form von Arbeitsplatzangeboten“. Walter Jakobs

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