piwik no script img

■ Zur dubiosen Rolle des BND beim jüngsten GiftgasskandalNur Beschwichtigungsversuche

Der neuerliche Giftgasskandal erinnert an die Lieferung deutscher Giftgaskomponenten an Saddam Hussein sowie für die später durch ein Feuer zerstörte libysche Giftgasanlage in Rabta. Nun also erneut der Versuch von drei Deutschen, Libyen zur Herstellung von chemischen Waffen zu befähigen. Die Bundesregierung hat aus den vergangenen Rüstungsexportskandalen, die international Aufmerksamkeit und Kritik auslösten, offenbar gelernt. In ersten Stellungnahmen wird von Kriminalität und illegalen Exporten durch sogenannte „schwarze Schafe“ gesprochen.

Doch es sind nur Beschwichtigungsversuche, die der Öffentlichkeit signalisieren sollen, daß die Politik sich nichts vorzuwerfen habe und die Regierung alles tue, um diese bedauerlichen Vorfälle zu verhindern oder aufzuklären. Dem ist entgegenzuhalten: In jedem der drei illegalen Rüstungsgeschäfte spielte der Bundesnachrichtendienst (BND) eine dubiose Rolle. Der BND ist kein Privatunternehmen, sondern Aufklärungsbehörde der Bundesregierung.

Der Verdacht, daß der BND in der Vergangenheit mehr zur Verschleierung von illegalen Rüstungsgeschäften denn zu ihrer Aufklärung beitrug, erhärtet sich beim jüngsten Vorfall: Zwar gesteht der BND in bisher ungewohnter Offenheit ein, seit Jahren Kontakt zu dem jetzt flüchtigen Mittelsmann zu haben. Neun Gespräche habe der BND mit ihm geführt — aber Erkenntnisse habe er keine. Sollte dies zutreffen, ist der Nachrichtendienst offensichtlich nicht in der Lage, seiner Aufgabe nachzukommen. Oder es muß geklärt werden, ob er informiert war und der Flüchtige Balanian tatsächlich Informant des BND war. In diesem Fall ist dem Nachrichtendienst die Deckung illegaler Rüstungsgeschäfte und möglicherweise Fluchthilfe vorzuwerfen. Beide Antworten würden nahelegen, den BND aufzulösen.

Die Bundesregierung steht in der politischen Verantwortung: Wer legal Rüstungsgeschäfte mit den Armeen jener Staaten, die Menschenrechte mit Füßen treten (Indonesien oder Türkei) betreibt, wird nicht verhindern können, daß auch einzelne aus wirtschaftlichem Interesse mörderische Geschäfte betreiben.

Wer die Lockerung der EU-Exportrichtlinien für Dual-use-Güter betreibt, erleichtert die Proliferation von Massenvernichtungswaffen. Angelika Beer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen