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Bezirk hebelt Profithai aus

■ Im Friedrichshainer Sanierungsgebiet wurde erstmals vom bezirklichen Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht, um unkooperativen Hausbesitzer auszubremsen

Erstmals in einem Ostberliner Sanierungsgebiet hat das Bezirksamt Friedrichshain einen unkooperativen Hauseigentümer durch das Vorkaufsrecht des Bezirks kaltgestellt. Wie Friedrichshainer Baustadträtin Martina Albinus (PDS-Mandat) mitteilte, hatte sich der Eigentümer geweigert, die Sanierungsziele des Bezirks, darunter die Einhaltung der festgelegten Mietobergrenzen, zu akzeptieren. Das Gebäude wurde vorerst vom treuhänderischen Sanierungsträger LBB-GEG übernommen und soll an einen neuen Eigentümer verkauft werden, der bereit ist, die Sanierungsziele einzuhalten. Um welches Haus es sich handelt, teilte die Stadträtin nicht mit.

Das Sanierungsrecht sieht ein Vorkaufsrecht der Bezirke sowohl in Sanierungsgebieten als auch in Milieuschutzgebieten vor. Während der Senat Anfang der 80er Jahre in West-Berlin weitgehend von diesem Recht Gebrauch gemacht hatte und die Sanierungsträger als Eigentümer mit der Erneuerung der Grundstücke beauftragt hatte, wurde nach dem Fall der Mauer auf dieses Instrumentarium verzichtet. In Ostberlin haben die Sanierungsträger deshalb nur noch die Funktion, private Eigentümer und den Bezirk bei der Durchführung der Sanierung zu unterstützen. Einzige Ausnahme: Bei Gemeinbedarfsflächen wie Schulen oder Kitas kauft der Bezirk auch weiterhin Grundstücke. Anderweitig könne dies aber nur in „Einzelfällen geschehen“, sagt Gert Kicherer von der Senatsbauverwaltung, weil sich der Wiederverkauf der Grundstücke oft problematisch gestalte.

Ganz anders sieht die Vorkaufspraxis in München aus. In den dort festgelegten 21 Erhaltungsgebieten mit Milieuschutz hat die Kommune auch die Verhinderung der (weiteren) Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen als Sanierungsziel festgelegt. Nach Auskunft des Münchner Kommunalreferenten Helmut Auerhammer müßten bei einem Käuferwechsel die neuen Eigentümer eine sogenannte „Abwendungserklärung“ unterschreiben, in der sie auf eine mögliche Umwandlung verzichten. Ist dies nicht der Fall, kann die Gemeinde mit dem Vorkaufsrecht drohen. Seitdem das Bundesverfassungsgericht die Umwandlung in Eigentumswohnungen im Juli 1992 erleichtert hat, hat München jährlich zwischen 10 und 40 Millionen Mark für den Ankauf von Grundstücken ausgegeben.

Ob das Friedrichshainer Beispiel künftig auch für Milieuschutzgebiete und die Verhinderung weiterer Umwandlungen angewandt werden soll, war gestern bei der zuständigen Stadtentwicklungsverwaltung nicht in Erfahrung zu bringen. Uwe Rada

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