: Zagreb und Belgrad auf Normalisierungskurs
■ Kroatien und Jugoslawien erkennen sich nach langer Verzögerung gegenseitig an
Zagreb/Belgrad (dpa) – Die Regierungen in Zagreb und Belgrad haben gestern eine Normalisierung ihrer Beziehungen vereinbart. Der kroatische Außenminister Mate Granić unterzeichnete in Belgrad mit seinem jugoslawischen Amtskollegen Milan Milutinović ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung Kroatiens und Jugoslawiens (Serbien und Montenegro). Die Präsidenten beider Länder, Franjo Tudjman und Slobodan Milošević, hatten Anfang August eine entsprechende Vereinbarung getroffen.
Ein Streit um die kroatische Adria-Halbinsel Prevlaka hatte die Unterzeichnung des Abkommens in letzter Minute verzögert. Der jugoslawische Außenminister Milan Milutinović hatte sich zunächst geweigert, das Thema Prevlaka als „Sicherheitsfrage“ – wie schon zwischen dem serbischen Präsidenten Slobodan Milošević und seinem kroatischen Kollegen Franjo Tudjman zu Monatsbeginn vereinbart – in das Abkommen aufzunehmen. Erst als die kroatische Delegation damit drohte, die Verhandlungen zu verlassen, gab Milutinović nach Rücksprache bei Milosević nach. Die Unterzeichnung des Abkommens, das nach Angaben der kroatischen Medien die volle gegenseitige Anerkennung Kroatiens und Jugoslawiens beinhaltet, mußte deshalb um einige Stunden verschoben werden.
Die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen stellt nach einhelliger Meinung der Medien in Belgrad und Zagreb einen Meilenstein auf dem Weg zur Beilegung der Krise im ehemaligen Jugoslawien dar. Beobachter und Diplomaten erhofften sich durch die Unterzeichnung des Abkommens positive Auswirkungen auf die Entwicklung im benachbarten Bosnien-Herzegowina, das wenige Wochen vor landesweiten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen steht.
Bis zuletzt war das Zustandekommen des Abkommens unsicher, da mehrere Streitfragen noch ungelöst schienen. Nach Spekulationen der kroatischen Presse vom Donnerstag wurden diese Fragen in den vergangenen Tagen während des Besuchs des stellvertretenden kroatischen Außenministers Ivan Simonović in Belgrad „zur allgemeinen Zufriedenheit“ gelöst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen