: Neuer Anlauf gegen Lohndumping
Die Tarifparteien auf dem Bau vereinbaren einen neuen Mindestlohn – doch der Bundesverband der Arbeitgeber (BDA) muß erst noch zustimmen: Entscheidung am Montag ■ Von Barbara Dribbusch
Berlin (taz) – Die Einigung kam überraschend: Die Tarifparteien im Baugewerbe haben sich gestern auf einen neuen Mindestlohn geeinigt. 17 Mark im Westen und 15,64 Mark im Osten sollen der neue Mindestlohn sein, zu dem auf deutschen Baustellen dann auch ausländische Arbeiter beschäftigt werden müßten. Darauf einigten sich die IG Bau und die Verbände der Bauarbeitgeber in einem Spitzengespräch. Um den Mindestlohn in Kraft treten zu lassen, muß ihm der Arbeitgeber-Dachverband BDA zustimmen.
„Die Einigung ist ein letzter Anlauf, das Entsendegesetz doch noch wirksam werden zu lassen“, erklärte Martin Keune, Sprecher des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Mit einem für allgemeinverbindlich erklärten Mindestlohn träte das Entsendegesetz endlich in Kraft. In dem Gesetz werden alle Bauarbeitgeber verpflichtet, den tariflichen Lohn zu zahlen. Der jetzt vereinbarte Mindestlohn liegt 18 Prozent unter der bisher geltenden untersten Lohnstufe im Tarif.
„Wir sind optimistisch, daß der Mindestlohn diesmal von der BDA akzeptiert wird“, sagte Heiko Stiepelmann, Sprecher des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (BI). Der im April vereinbarte Mindestlohn von 18,60 für den Westen und 17,10 für den Osten war damals im Tarifausschuß beim Bundesarbeitsministerium von der BDA abgelehnt worden.
Die BDA will erst am Montag eine Stellungnahme abgeben. Auf Anfrage meinte BDA-Sprecher Thomas Groß jedoch, es stelle sich für die BDA die grundsätzliche Frage, ob ein Mindestlohn überhaupt „im öffentlichen Interesse“ sei und damit für allgemeinverbindlich erklärt werden solle. Die Lohnhöhe selbst sei „nicht die Kardinalfrage“. Früher hatte sich die BDA immer für einen Mindestlohn von 15 Mark die Stunde ausgesprochen. Damit ein Tariflohn allgemeinverbindlich gilt, muß ihm der Tarifausschuß mehrheitlich zustimmen. In ihm sitzen zu gleichen Teilen Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeber, darunter auch die BDA.
Im „öffentlichen Interesse“ dürfte auf jeden Fall nicht die hohe Zahl arbeitsloser Bauarbeiter sein. Im Juni waren fast 190.000 Bauarbeiter ohne Job. Die Bauarbeitgeberverbände schätzen, daß sich zur Zeit etwa 200.000 zugereiste ausländische Beschäftigte auf deutschen Baustellen verdingen. Im Osten zahlen viele bislang nicht tarifgebundene Bauunternehmen auch deutschen Arbeitern untertarifliche Löhne. Mit einer Allgemeinverbindlichkeit des Mindestlohnes wären Stundenlöhne von 13 und 14 Mark im Osten (brutto!) nicht mehr zulässig.
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