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Was Professoren (sich) alles leisten können

■ Rüttgers fordert Extrastunden und Leistungslohn für Universitätslehrer

Berlin (taz) – Der Vorschlag klingt einleuchtend: Auch der Professorenstand, so wünscht Bildungsminister Jürgen Rüttgers (CDU), soll künftig nach Leistung entlohnt werden. Berlins Wissenschaftssenator Peter Radunski hat die Idee seines Parteifreundes Rüttgers aufgegriffen.

An der Spree werde die Hochschulreform „vor allem die Professoren in die Verantwortung nehmen“. Um eine Stunde will Radunski das Pflichtpensum anheben, das die Professoren am Katheder zubringen. Die Erhöhung des sogenannten Lehrdeputats führt allerdings in vermintes Gelände: Mehr Lehre heißt mehr Studenten. Schon jetzt müssen sich 1,9 Millionen Studis 970.000 Studienplätze teilen.

„Die Erhöhung der Deputate wirkt sich auf die Ausbildungskapazität aus – das bedeutet, die Unis müßten mehr Studenten aufnehmen“, verweist Joachim Weber von der Hochschulrektorenkonferenz auf den Pferdefuß der Lehrleistung. Ursache dafür ist das Kapazitätsrecht.

Die in den 70er Jahren entstandene Norm legt fest, wieviele Studenten und Studentinnen eine Hochschule ausbilden muß. Wesentlicher Faktor der komplizierten Rechnung: die Lehrverpflichtung der Hochschullehrer und -lehrerinnen. Sie liegt bislang – wie die Kultusminister zuletzt 1992 vereinbarten – bei acht Stunden. Wer sie anhebt, öffnet automatisch die Tore zu den Elfenbeintürmen.

Das ist auch in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg bekannt. Die Südstaaten haben ohne Getöse die professorale Lehrverpflichtung um eine Stunde angehoben. Der Grund für die Geräuschlosigkeit: Die Zusatzstunde dient offiziell gar nicht der Lehre, sondern ausdrücklich zur Betreuung von Studenten. Bayern praktiziert das „Mentorat“ – so die Bezeichnung – bereits seit einem Jahr. Mit einer Bewertung ist der bayerische Kultussprecher Toni Schmid vorsichtig: „Wir gehen davon aus, daß die guten Betreuer unter den Professoren ihre Bemühungen nun nicht auf die eine Stunde Mentorat beschränken.“ Schmids Furcht kommt nicht von ungefähr. Während an amerikanischen Unis open door usus ist, haben Professoren hierzulande meist nur während ein oder zwei klar datierter Sprechstunden ein offenes Ohr – am besten nach telefonischer Voranmeldung.

Hinter vorgehaltener Hand macht niemand einen Hehl daraus, daß die Lehr- und Betreuungsleistungen zu wünschen übrig lassen. „Das Problem ist, die Professoren dazu zu bewegen, überhaupt ihr Acht-Stunden-Deputat abzuleisten“, berichtet der Hochschulplaner einer Berliner Uni. An der Freien Universität (FU) hat man bei der Aktion „Noten für den Prof.“ eine verblüffende Entdeckung gemacht: „Viele Lehrveranstaltungen waren nicht mehr auffindbar“, verrät Dieter Grühn, oberster Evaluierer der FU. Die Seminare sind abgesetzt, aufgehoben, verlegt. Sanktionsmöglichkeiten gibt es keine.

Den Professoren und Professorinnen ist nämlich nicht leicht beizukommen. „Die letzten Adligen der Moderne“, nennt sie ein Dienstrechtsexperte der Speyerer Hochschule für Verwaltungswissenschaften spöttisch: Als Beamte sind sie unkündbar; als Wissenschaftler können sich die Herren und Frauen der Katheder auf die Freiheit von Forschung und Lehre berufen.

Weil die Peitsche nicht trifft, soll nun das Zuckerbrot helfen: Mit Prämien möchte Berlins Wissenschaftssenator den Professoren die Extralehre schmackhaft machen. Radunski ruft daher nach einer „Mehrlesevergütungsverordnung“. Und für die wäre überraschenderweise eben jener zuständig, der sich den Leistungslohn für Professoren so sehnlich wünscht: Jürgen Rüttgers. Die Höhe der Lehrvergütung für Professoren, heißt es im Beamtenbesoldungsgesetz, „werden durch Rechtsverordnung des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft bestimmt.“ Christian Füller

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