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Baustelle war Schaustelle

■ Die "Schaustelle Berlin" ging am Wochenende zu Ende. Rund 500.000 Besucher trabten durch Sandhaufen und Rohbauten. Mehr Ökologie im kommenden Jahr

Im nächsten Jahr, wenn die „Schaustelle Berlin“ mit einer Runde durch den Reichstag eröffnet wird, soll alles noch viel besser werden: mehr fertiggestellte Gebäude, mehr neue Baustellen, viel mehr Kultur samt originellen Bühnenprogrammen und hoffentlich mehr Sponsoring inklusive einer zusätzlichen Packung Touristen. Denn die waren es, die sich vom Schaustellen-Theater nicht haben auf die Sandhaufen und in Rohbauten locken lassen. Rund 85 Prozent der Besucher waren Berliner, die es „natürlich“ spannend finden, wie in der Stadt gebuddelt wird.

Dennoch war die „Schaustelle“, die am Wochenende mit der Aufführung der „Carmina Burana“ am Werderschen Markt zu Ende ging, „schon für dieses Jahr sensationell“, wie gestern der Impresario der Veranstaltung, Volker Hassemer, bilanzierte. Das Wichtigste sei gewesen, sagte der „Partner- für-Berlin“-Geschäftsführer, daß die sonst so baustellenhassenden Hauptstädter „mit viel Sympathie“ in die neuen Häuser geblickt hätten. Zu den Höhepunkten, rechnete er vor, gehörten dabei die Tage der offenen Tür im Ludwig- Erhard-Haus mit rund 5.000 Besuchern. 8.000 kamen in den Hamburger Bahnhof, und nahezu 2.000 Baufans besichtigten die Ministerienstandorte des Bundes.

Zu den Rennern der „Schaustelle“ avancierten darüber hinaus die Info-Box sowie die Baustelle am Potsdamer Platz, für die sich mehr als 3.000 Besucher die Treppen aufs Weinhaus Huth hinaufschleppten. Schließlich wollten 25.000 Menschen das neue Stadtmodell im einstigen Staatsrat sehen, um sich auf diversen Rundgängen ein besseres Bild der zukünftigen Stadt machen zu können. „Insgesamt“, so Hassemer superlativ, „erlebten fast eine halbe Million Besucher in 500 Rundfahrten und Führungen“ Einblicke in die Bauwelt der Stadt. Satte 62 zusätzliche Termine hätte wegen des Ansturms der Schaulustigen zusätzlich ins Programm aufgenommen werden müssen.

Die Kritik etwa des BUND, der Hassemer vorgeworfen hatte, den ökologischen Aspekt auf den Baustellenrunden zuwenig berücksichtigt zu haben, ließ der Berlin-Partner gelten. Hassemer: „Im kommenden Jahr werden wir das Thema Umweltschutz beim Stadtumbau stärker einbinden.“

Für Bausenator Jürgen Klemann hat die achtwöchige Schaustelle „besonders dazu beigetragen, die Entwicklung der Stadt zum künftigen Regierungssitz ins Bewußtsein zu bringen“. Klemann erinnerte daran, daß in Berlin Baustellenbesichtigungen eine lange Tradition besitzen: So habe in den sechziger Jahren die Bauverwaltung damit begonnen, „Baustellentage“ unter dem Motto „Betreten erbeten“ zu organisieren. Die Einbeziehung von kulturellen Konzepten – etwa die Lichtinstallation von Gerhard Merz am Potsdamer Platz oder das „gefesselte Haus“ von Jannis Markopoulus hinter dem Reichstag – machte die Baugruben und -projekte nun auch attraktiver für sonst weniger interessierte Aufbaufans. Rolf Lautenschläger

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